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News: Die Suppe versalzen oder das Salz in der Suppe?

Seit Jahrzehnten propagieren die Gesundheitsbehörden einen verringerten Gebrauch von Salz, um den Blutdruck zu senken und ein langes und glückliches Leben zu führen. Aber die Experten streiten sich, welchen Einfluß Kochsalz wirklich auf den Blutdruck hat. Wissenschaftliche Studien kommen jedenfalls zu widersprüchlichen Ergebnissen. Alles eine Frage der Gene, meint eine Forschergruppe, die festgestellt hat, daß manche Menschen sehr empfindlich auf Salz in der Nahrung ansprechen, andere hingegen gar nicht.
Für jeden Patienten, dessen Blutdruck bei einer salzarmen Ernährung sinkt, läßt sich ein anderer finden, der extrem salzreiche Kost zu sich nehmen kann, ohne daß sein Blutdruck steigt. Deshalb ging der individuell tatsächlich vorhandene Effekt bei großangelegten Untersuchungen im statistischen Mittel verloren. Außerdem ist es sehr schwierig, den Einfluß anderer Komponenten in der Nahrung zu berücksichtigen oder auszuschließen. Wie steht es zum Beispiel mit den Auswirkungen von Alkohol, Fett, Gemüse, Obst usw.?

Neben der Ernährung stand schon lange die genetische Veranlagung im Verdacht, den Blutdruck oder dessen Sensibilität für Salz zu beeinflussen. Unterschiede, welche die Nieren oder Nebennieren betreffen, könnten durchaus auf den Blutdruck wirken.

Steven Hunt und seine Kollegen von der Medical School der University of Utah in Salt Lake City haben in einer drei Jahre andauernden Studie den Einfluß von Salz, Gewichtsverlust und genetischen Faktoren auf den Blutdruck erforscht (Hypertension vom September 1998). Sie konzentrierten sich dabei auf den Hormonvorläufer Angiotensinogen, der in der Leber hergestellt wird. Zwei verschiedene Varianten des zugehörigen Gens, die mit A und G bezeichnet werden, kommen in Menschen natürlich vor. Da wir von jedem Elter ein Gen für Angiotensinogen bekommen und somit jeder Mensch über zwei dieser Gene verfügt, gibt es insgesamt drei verschiedene Kombinationen – die Genotypen AA, AG und GG.

Hunts Arbeitsgruppe teilte mehr als 1500 Leute entsprechend ihrem Genotyp in Gruppen ein. Diese wurden in Untergruppen gegliedert, von denen eine salzarme Nahrung bekam, eine abspecken mußte, eine weitere salzarm essen und dazu noch abnehmen sollte und eine Kontrollgruppe, die so weiter lebte wie bisher.

Die Forscher stellten fest, daß die Gene anscheinend tatsächlich den Blutdruck beeinflussen konnten und auch bestimmten, inwieweit der Blutdruck auf unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten reagiert: Menschen mit dem Genotyp AA entwickeln leicht hohen Blutdruck, der mit salzarmer Kost gut zu senken ist. Im Durchschnitt sank der diastolische Wert (der Druck zwischen den Herzschlägen) im Laufe der drei Jahre um 2,2 Millimeter Quecksilbersäule. Der Normalwert liegt um 80 Millimeter Quecksilbersäule, ab ungefähr 90 wird von erhöhtem Blutdruck gesprochen. Der erzielte Unterschied stellt also wirklich eine gesundheitliche Verbesserung dar.

Bei der Testgruppe mit dem Genotyp GG stieg der Druck im Durchschnitt während der Studie an, ungeachtet der Ernährung. Die Patienten mit AG zeigten keine auffälligen Änderungen. Die Wissenschaftler folgern daraus, daß die Variante G des Gens den Blutdruck anscheinend unsensibel für den Salzgehalt macht. Ähnliche Ergebnisse waren bei den Gruppen zu verzeichnen, die ihr Gewicht reduzieren sollten. Hunt vermutet daher, daß der Angiotensinogen-Genotyp nicht nur die Reaktion des Blutdrucks auf Salz beeinflußt, sondern auch auf Gewichtsverlust.

Es ist gut möglich, daß noch weitere Gene an dem Mechanismus beteiligt sind. Jedenfalls hängt es vom Genotyp ab, ob Salz den Blutdruck steigen läßt oder nicht. Doch den eigenen Genotyp kennt kaum jemand. Also getrost her mit dem Salzstreuer – oder vorsichtshalber lieber doch sparsam salzen?

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