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Marsforschung: Die variable Atmosphäre des Roten Planeten

Trockeneislager am Marssüdpol
Trockeneislager am Marssüdpol | Diese Karte von Ablagerungen von gefrorenem Kohlendioxid oder Trockeneis wurde mit Radarmessungen der US-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter erzeugt. Rote Farbtöne geben Mächtigkeiten von bis zu 600 Metern wieder, gelbe rund 400 Meter, dunkelblaue 100 Meter oder weniger. Die sonstigen gedämpften Farben geben andere geologische Strukturen am Marssüdpol wieder.
Seit die ersten Raumsonden in den 1960er Jahren am Roten Planeten vorbeiflogen, wissen wir, dass die Atmosphäre des Mars ausgesprochen dünn ist und der Luftdruck an seiner Oberfläche im Mittel nur rund sieben Millibar beträgt (auf der Erde dagegen rund 1013 Millibar). Wasser kann unter diesem geringen Druck nicht in flüssiger Form existieren – es würde sofort verdampfen. Dennoch weisen ausgedehnte Flusstäler und andere Erosionsformen auf dem Mars darauf hin, dass es in der Geschichte unseres Nachbarplaneten flüssiges Wasser in größerer Menge gegeben haben muss, auch wenn er heute im wahrsten Sinne des Wortes "staubtrocken" ist. Zu jener Zeit muss die Atmosphäre aber dichter gewesen sein als heute. Die Marsatmosphäre besteht zu etwa 95 Prozent aus Kohlendioxid.

Neue Untersuchungen mit dem Instrument Shallow Radar (SHARAD) an Bord der US-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter belegen, dass am Südpol des Mars unterhalb der bekannten permanenten Polkappe des Planeten riesige Lager an gefrorenem Kohlendioxid oder Trockeneis existieren. Dieses Reservoir enthält eine Menge an Kohlendioxid, die etwa 80 Prozent des in der gesamten Marsatmosphäre enthaltenen Kohlendioxids entspricht. Das neu entdeckte Lager enthält zwischen 9500 und 12 500 Kubikkilometer an Trockeneis. Die Untersuchungen leitete ein Forscherteam um Roger Phillips vom Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado.

Schon seit Langem sind die saisonalen Polkappen des Mars bekannt, die sich im Lauf der ausgeprägten Jahreszeiten auf dem Roten Planeten im Winter bilden. Sie bestehen aus gefrorenem Kohlendioxid, das sich direkt aus der Atmosphäre niederschlägt. Sie sind nur wenige Meter dick und verschwinden im darauf folgenden Frühjahr. Dann kommen die permanenten Polkappen zum Vorschein, die zum größten Teil aus gefrorenem Wassereis bestehen. Die neu entdeckten Trockeneislager unter der Südpolkappe stellen etwa das 30-Fache der bislang auf dem Mars bekannten Vorräte dar.

Trockeneislager am Marssüdpol | Mit dem Radarinstrument SHARAD an Bord der US-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter konnte dieses Profil am Marssüdpol mit einer Eindringtiefe von rund anderthalb Kilometern erstellt werden. Für die Darstellung wurde der vertikale Maßstab stark gespreizt. Die Pfeile weisen auf große Ablagerungen aus Trockeneis hin, die hier dunkel erscheinen. Das Plateau am linken Bildrand ist rund 100 Kilometer breit.
Auf die Spur des Trockeneises kamen die Forscher, als sie die Radarsignaturen vom Südpol genau analysierten und feststellten, dass sie wesentlich besser zu Trockeneis als zu Wassereis passen. Zudem wiesen besondere Strukturen an der Marsoberfläche auf die Freisetzung größerer Mengen an Gas in diesen Gebieten hin. Sie erinnern an die Löcher in einer Scheibe aus Emmentaler Käse, was ihnen im Englischen die scherzhafte Bezeichnung swiss cheese terrain einbrachte.

Die Trockeneislager haben weitreichende Konsequenzen für das Klima auf dem Roten Planeten. Der Neigungswinkel der Rotationsachse des Mars zu seiner Umlaufbahn ist starken Schwankungen unterworfen, da er anders als die Erde keinen massereichen Trabanten besitzt, der mit seiner Schwerkraft die Lage der Rotationsachse weitgehend stabilisieren könnte. Auf dem Mars kann sich die Achsenneigung innerhalb von nur 100 000 Jahren auf bis zu 45 Grad steigern. Dann erreicht mehr Sonnenwärme die Polkappen und das im Untergrund befindliche Trockeneis sublimiert.

Geht es vollständig in die Dampfphase über, so steigt der Druck an der Marsoberfläche um 75 Prozent auf ein Mittel von rund zwölf Millibar an. Damit könnte flüssiges Wasser für längere Zeit auf der Marsoberfläche auftreten. Allerdings reicht die Druckerhöhung nicht aus, um durch einen starken Treibhauseffekt die mittlere Temperatur auf der Marsoberfläche deutlich zu steigern, dafür ist der Druck auch dann noch zu gering. Simulationen des Forscherteams weisen darauf hin, dass die permanenten Polkappen den Planeten stärker abkühlen, als ihn der erhöhte Treibhauseffekt erwärmen kann. Dazu müsste die Marsatmosphäre wie diejenige der Erde größere Mengen an Wasserdampf enthalten.

Tilmann Althaus

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