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Ernährung: Die verführerische Macht des Zuckers

Zucker ist beliebt – und einzigartig: Selbst Süßstoffe können seinen Effekt nicht vollständig nachahmen. Das könnte auch an einem Signalweg liegen, der vom Darm ins Gehirn führt.
Gezuckerte Fruchtgummis in einer Glasschüssel

Nicht nur Menschen lieben Zucker: Auch viele Tiere lecken sich sozusagen die Pfoten danach. Die Frage, warum das so ist, beschäftigt Forscher bereits seit Jahren. Einer der Hauptverdächtigen ist in diesem Zusammenhang der süße Geschmack des Zuckers. Schließlich aktivieren sowohl das Original als auch andere Süßstoffe spezielle Geschmacksknospen auf der Zunge, die dann ein Signal an das Gehirn schicken, das unter anderem mit einer Aktivierung des Belohnungssystems reagiert. Gegen diese These sprechen allerdings Versuche, die zeigen, dass Tiere selbst dann noch auf Zucker stehen, wenn sie gar nicht mehr dazu in der Lage sind, Süße überhaupt wahrzunehmen.

Ein Team um Charles S. Zuker von der Columbia University in New York hat deshalb nun mit Hilfe von Mäusen noch einmal genauer nachgeforscht. Dabei stießen die Wissenschaftler auf einen speziellen Signalweg, der seinen Ursprung im Darm hat und den nur »echter« Zucker zu aktivieren scheint, wie die Arbeitsgruppe im Fachmagazin »Nature« berichtet.

»Echter« Zucker bevorzugt

Die Wissenschaftler boten Mäusen zunächst in einem Experiment Wasser an, das entweder mit Zucker oder einem künstlichen Süßstoff versetzt war. Obwohl sie sich zunächst auf beides stürzten, tranken die Nager nach zwei Tagen fast ausschließlich nur noch das echte Zuckerwasser. Weitere Untersuchungen offenbarten, dass bei den Tieren nur nach dem Konsum von Zucker, nicht aber nach dem von Süßstoff eine Region im Hirnstamm aktiv wurde, die als eine Art Informations-Hub für Körperzustände fungiert. Die Signale, die diese Region empfängt, stammen dabei aus dem Darm: Kommt hier Zucker an, schicken Sensormoleküle ein Signal los, das über den Vagusnerv direkt zum Gehirn wandert.

Die Sensormoleküle scheinen dabei speziell auf Glukose, einen der beiden Bestandteile unseres Haushaltszuckers geeicht zu sein. Auf typische Süßstoffe reagierten sie hingegen nicht, wie die Forscher entdeckten – ebenso wenig wie auf den Fruchtzucker Fruktose, der ebenfalls in Haushaltszucker enthalten ist. Dafür konnte aber ein Molekül, das Glukose chemisch sehr stark ähnelte, aber wie die Süßstoffe keinerlei Kalorien hatte, den Signalweg aktivieren.

Für den Neurowissenschaftler Zuker ist damit die Annahme, die meisten Lebewesen würden Zucker vor allem auf Grund seiner Süße schätzen, erst einmal vom Tisch. »Wir müssen die Konzepte ›süß‹ und ›Zucker‹ voneinander trennen«, sagt der Forscher in einer Pressemitteilung der Universität. »Süßes ist mögen, Zucker ist wollen.«

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