Direkt zum Inhalt

News: Die Wunden der Erde

In der kalifornischen Mojave-Wüste wurde zum ersten Male direkt die „Heilung“ einer durch Erdbeben entstandenen Verwerfung beobachtet. Die Stärke der Erdkruste wurde wiederhergestellt und die Widerstandskraft der Verwerfungszone gegen Risse erneuert.
Die Geophysiker Yong-Gang Li und John Vidale von der University of Southern California haben mit ihren Arbeitsgruppen die Veränderungen der Erdkruste entlang der Johnson Valley-Störung (Mojave-Wüste) verfolgt, seit es am 28. Juni 1992 beim Landers-Erdbeben der Stärke 7,5 zum Aufbruch dieser Verwerfung kam (Science, Ausgabe vom 9. Januar 1998).

In den Jahren 1994 und 1996 führten die Wissenschaftler zwei identische seismische Experimente durch. Beide Male nutzten sie ein ausgedehntes Netzwerk von seismischen Sensoren: Ungefähr 80 Meßinstrumente wurden über ein Gebiet von ca. 50 Quadratkilometern in der Region der Johnson Valley-Störung verteilt. Dieses Netz wurde dazu benutzt, die Reaktionen der Erde auf Explosionen aufzunehmen, die in 30 Meter tiefen Bohrlöchern nahe der Verwerfung ausgelöst wurden – eine am 02. November 1994, eine zweite am 6. August 1996.

Die Stoßwellen bewegten sich in dem Versuch von 1996 um 0,5 bis 1,5 Prozent schneller, wobei der höchste Anstieg in der Geschwindigkeit an den Stationen gemessen wurde, die der Verwerfung am nächsten lagen. Li zog daraus den Schluß, daß die Erdkruste, die vom Landers-Erbeben zertrümmert wurde, eine rapide „Heilung“ zeigt. Durch das Beben entstandene Untergrundspalten schlossen sich.

Die Johnson Valley-Störung ist relativ inaktiv. Es wird geschätzt, daß Beben von der Stärke des Landers Erdbebens nicht häufiger als einmal in tausend Jahren auftreten.

Li ist der Meinung, die Untersuchung der Verwerfung und die daraus gewonnenen Erkenntnisse „helfen uns, die Zyklen der Erdbeben zu verstehen, die Art, in der Verwerfungen allmählich, über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte, unter Spannung geraten und diesem Druck dann in ein paar Sekunden nachgeben.“

Es wurden schon viele Erklärungen für die Folge von Ereignissen vorgeschlagen, die zu einem Erdbeben führen: angefangen von Theorien über trockene Gesteinsoberflächen, die aneinanderreiben, bis zu komplizierteren Szenarios, in denen Wasser mit gelösten Mineralien eine Rolle spielt. Auch ein Ansteigen des Wasserdrucks könnte die Seiten einer Verwerfung auseinanderdrücken und den Verwerfungsbruch auslösen, der zum Beben führt.

Die Wissenschaftler verglichen die beobachteten Geschwindigkeiten der seismischen Wellen, die von den Explosionen ausgingen, mit denen, die aufgrund der Theorie über trockene Gesteine vorausgesagt wurden. Dabei fanden sie heraus, daß winzige Risse, die durch das Erdbeben entstanden, zwar einiges an Flüssigkeit enthielten, aber nicht völlig damit gefüllt waren. Sie gehen davon aus, daß die Flüssigkeitsmenge von 1994 bis 1996 zunahm.

Ein weiteres Mitglied der Arbeitsgruppe, Keiiti Aki, ist der Meinung, da die meisten Verwerfungen eine lange Geschichte von Brüchen und Verheilungen hinter sich haben, „würden Untersuchungen der Verwerfungsstruktur und des Verheilungsprozesses den Wissenschaftlern dabei helfen, die wirklichen Gründe für Beginn und Ende eines Aufbruchs herauszufinden.“ Solche Studien könnten Forscher bei der Vorhersage von Erdbeben an Verwerfungen und deren Stärke unterstützen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.