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Dinosaurier: Die schuppigen Lippen des Tyrannosaurus rex

Auf fast allen Abbildungen zeigen die Raubsaurier auch bei geschlossenem Maul Zähne. Die Realität sah jedoch anders aus: Die Dinos hatten wahrscheinlich Lippen, die ihr Gebiss verdeckten.
Ein Tyrannosaurus von vorne, mit Lippen, ohne Zähne.
Ein Tyrannosaurier, dessen eindrucksvolle Zähne von Lippen bedeckt werden, sieht gleich ein ganzes Stück entspannter und sympathischer aus. Das täuscht aber.

Wenn Tyrannosaurus rex sein Maul schloss, war sein Gebiss nicht mehr zu sehen – dünne, schuppige Lippen bedeckten die Zähne vollständig. Zu diesem Ergebnis kommt eine Arbeitsgruppe um Robert Reisz von der University of Toronto Mississauga anhand von Zahnuntersuchungen und anatomischen Vergleichen von Theropoden mit Waranen und Krokodilverwandten. Krokodilzähne sind auch bei geschlossenem Maul gut sichtbar, und Raubsaurier werden meist ebenfalls mit herausstehenden Zähnen dargestellt – Warane dagegen haben Lippen, die die Zähne bedecken. Wie das Team nun in »Science« berichtet, ähneln die Proportionen der Raubsauriergebisse trotz ihrer oft enormen Größe eher denen von Waranen als von Krokodilen. Außerdem fehlen bei den Saurierzähnen jene Schäden, die bei Krokodilen häufig durch die Position außerhalb des Mauls entstehen.

Die Arbeitsgruppe klärt damit eine alte Frage der Dinosaurier-Anatomie. Denn Weichgewebe wie die dünnen Lippen sind nur äußerst selten als Fossilien erhalten, und bisher ist keine versteinerte Dino-Lippe gefunden worden. In populären, aber auch wissenschaftlichen Darstellungen dagegen schien die Sache lange klar: Auch bei geschlossenem Maul sind auf den meisten Bildern die Zähne des Oberkiefers außerhalb des Mauls zu sehen. Mit diesem Urzeit-Überbiss räumt die neue Untersuchung nun auf. Gleich mehrere Indizien deuteten auf die Existenz von Lippen bei Raubsauriern hin, schreibt die Arbeitsgruppe um Reisz. So sei etwa das oft gegen diese These hervorgebrachte Argument nicht stichhaltig: Die Zähne seien zwar mächtig, aber im Vergleich zum Schädel auch nicht größer als bei den belippten Waranen – Lippen hätten also ebenso die bananengroßen Beißer eines Tyrannosauriers schützen können.

Dass es so gewesen sein muss, zeigen darüber hinaus die Zähne selbst. Wenn man keine Lippen hat, ist es ziemlich schwierig, die Zähne dauerhaft feucht zu halten. Zahnschmelz enthält einen geringen Anteil Wasser und kann deswegen austrocknen. Trockener Zahnschmelz ist zwar härter, aber auch empfindlicher gegen Kratzer und Abrieb – und ohne Lippen stößt man leicht mit den Zähnen irgendwo dagegen. Deswegen zeigen Krokodilzähne eine deutlich stärkere Abnutzung auf der Außenseite als auf der Innenseite, Zähne von Raubsauriern dagegen nicht. Das belege, dass das Weichgewebe außerhalb des Mauls eher modernen Schuppenechsen und anderen Vierbeinern ähnele als Krokodilen oder Vögeln, schreibt die Arbeitsgruppe. Allerdings werden auch in zukünftigen »Jurassic-Park«-Teilen wohl keine knutschenden Velociraptoren vorkommen: Anders als Säugetiere, deren Lippen beweglich und mit Sinneszellen gespickt sind, hatten die Dinosaurier vermutlich nur eine Art Schutzgewebe vor den Zähnen.

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