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News: Dirigent mit drei Taktstöcken

Leipziger Mediziner implantierten einem Patienten jetzt erstmalig einen Herzschrittmacher, der drei Elektroden zur Rhythmusgebung verwendet. Damit erschließen die Forscher auch die schwierig erreichbare linke Herzkammer und geben Problempatienten neue Hoffnung auf eine höhere Pumpleistung des wichtigen Muskels.
"Genesis" – Schöpfung – tauften US-Wissenschaftler die neue Generation von Herzschrittmachern, von denen Mediziner der Universität Leipzig jetzt das erste Exemplar in einen menschlichen Körper implantierten. Wie seine Vorläufer liefert das Gerät elektrische Impulse dann, wenn das eigene Rhythmussystem des Herzens einmal aussetzt. Neu jedoch ist, dass "Genesis" dazu die Elektroschocks an drei, anstatt wie bislang an maximal zwei Stellen platziert.

Herkömmliche Schrittmacher versagen dann, wenn ihre Signale auf dem Weg von den Elektroden über die Muskelzellen abgelenkt werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein früherer Infarkt eine nur schlecht leitende Narbe hinterlässt. Dann nimmt die elektrische Erregung einen Umweg und kann den Herzmuskel nicht an allen Stellen gleichzeitig schlagen lassen. "Wenn wir die Elektrode eines normalen Schrittmachers in die rechte Herzkammer einsetzen, dann pumpt die linke Kammer in einigen Fällen zu spät nach einem elektrischen Impuls – das Herz pumpt dann unökonomisch", erläutert Dietrich Pfeiffer von der Universität Leipzig. Die Folge sei ein Ping-Pong-Effekt, bei dem das Blut im linken Herzen von einer früh erregten Wandseite auf einen weiteren, noch nicht völlig angespannten Wandabschnitt geworfen werde, anstatt auf einmal in die Arterien ausgeworfen zu werden.

Die Lösung des Problems durch eine weitere, in der linken Kammer montierten Elektrode liegt nahe, allerdings erlaubt die Anatomie keinen direkten Zugang dorthin über das venöse System. Die Leipziger Forscher wählten daher einen anderen Weg: Sie führten den lebenswichtigen Draht über eine herzeigene Vene, die außen um den Muskel zieht und bis zur Höhe der linken Kammer reicht. "Aus dieser Position können wir jetzt die volle Reizung beider Kammern zeitlich genau abstimmen", berichtet Pfeiffer. Die dritte Elektrode ist daher länger als bisherige Exemplare und muss überdies anders befestigt werden, um ihre Position zu behalten. Ihre besondere Form sorgt dafür, dass sie nicht schon bei kräftigem Husten verrutscht.

Der Erfolg der Operation spricht für das Verfahren: Der Patient, dem "Genesis" zu neuer Kraft verhalf, leidet seit langem an einer rheumatischen Erkrankung, die zu einer Pumpschwäche des Herzens führte: "Seine Leistungsfähigkeit ist so deutlich besser, dass wir ihn bremsen müssen, damit er sich nicht überfordert", so der Mediziner. Allerdings wird das neue Gerät nicht allen vergleichbaren Patienten helfen können, denn die immer unterschiedlichen anatomischen Venenverläufe sowie die abweichenden Schäden am Muskelgewebe verhindern unter Umständen seinen Einsatz.

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