DNA-Analysen: Junge Mammutreste entpuppen sich als Wale

Als letzte, gesicherte Überlebende der Mammuts gelten Tiere, die bis vor 4000 Jahren auf der Wrangel-Insel im Nordpolarmeer ausharrten. Allerdings existieren auch Funde, bei denen aus DNA-Analysen geschlossen wurde, dass sie noch länger überdauerten: Knochen aus dem Inneren Alaskas etwa deuteten an, dass noch zur Römerzeit Mammuts im heutigen US-Bundesstaat existiert haben könnten. Doch eine neue Untersuchung von Matthew Wooller von der University of Alaska Fairbanks und seiner Arbeitsgruppe widerlegt diesen Zeitpunkt nicht nur: Bei den Überresten handelt es sich auch nicht um frühere Mammuts, sondern tatsächlich um Walknochen.
Der deutsche Naturforscher Otto Geist hatte diese Skelettbestandteile in den 1950er Jahren in der Nähe der Stadt Fairbanks gefunden und sie dem Museum of North der Universität übergeben. Dort wurden sie als Wachstumsfugen von Mammutwirbeln klassifiziert und eingelagert. 2022 folgte dann eine Radiokarbondatierung dieses Materials, die ein Alter von 1900 bis 2700 Jahren ermittelte. Bis dahin hatte man aufgrund von Fossilfunden angenommen, dass die Rüsseltiere hier bereits vor 13 000 Jahren am Ende der letzten eiszeitlichen Vergletscherungsphase ausgestorben sind – eine sensationelle Diskrepanz.
Wooller und Co. wollten dies jedoch nicht glauben und untersuchten die Knochen daher neu mit verschiedenen Methoden. Eine Analyse des Verhältnisses zwischen Kohlenstoff und Stickstoff lieferte beispielsweise erhöhte Stickstoffwerte, die typisch sind für Meeressäuger, aber nicht für landlebende Tiere. Die folgende DNA-Untersuchung endete dann wenig überraschend mit völlig anderen Arten: Die Knochen gehörten zu einem Zwergwal und einem Pazifischen Nordkaper.
Fairbanks liegt jedoch 400 Kilometer vom Meer entfernt im Inland, weshalb die Wale sicher nicht schwimmend diesen Ort erreicht haben konnten. Auch Aasfresser haben die Knochen sicher nicht so weit verschleppt. Alternativ geben die Wissenschaftler an, dass damalige Gemeinschaften von Jägern und Sammlern die Walreste von der Küste landeinwärts transportiert haben könnten, etwa als Handels- oder Tauschgut. Dafür gibt es bislang jedoch keine Belege.
Am wahrscheinlichsten sei daher eine vierte Möglichkeit, schreiben die Autoren: Geist hatte diese Funde damals zusammen mit einer Kiste weiterer Knochen überreicht, die er in der Norton Bay an der Küste aufgelesen hatte. Möglicherweise hatte das Museum also das Material versehentlich vermischt und falsch ausgezeichnet. Eine wissenschaftliche Sensation könnte also schlicht durch Schlamperei erklärt werden.
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