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Datierungsfehler: Doch kein Weizen im Steinzeit-Britannien?

Als Sensationsfund galten jahrtausendealte Weizenkörner im Ärmelkanal: Sie sollten alte Handelsrouten belegen. Vielleicht ging aber beim Forschen etwas schief?
Getreide

Vor einige Monaten berichteten Forscher um Robin Allaby von der University of Warwick von einem spannenden Zufallsfund: Auf dem Meeresboden vor der englischen Südküste hatten sie DNA-Spuren in alten Siedlungsresten gefunden, die offenbar von 8000 Jahre alten Weizenpflanzen stammten. Hatten Briten schon gut 2000 Jahre vor dem ersten dokumentierten Anbau der Nutzpflanze Körner über Handelsrouten aus dem Süden bezogen? Diese Interpretation ist nun wieder fraglich: Eine neue Analyse von Alt-DNA-Experten um Hernán Burbano vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen ergab, dass die gefundenen Weizengensequenzen offenbar nicht die typischen Alterungserscheinungen zeigen, die von jahrtausendealter DNA zu erwarten wären. Womöglich lag eher eine Verunreinigung mit modernem Weizen vor, vermutet die zweite Gruppe nach ihrer neuen Studie.

Für ihre Analyse hatten die Wissenschaftler um Burbano zunächst nach einem Algorithmus gesucht, der das Ausmaß von biochemischen Alterungsspuren in der DNA korrekt vorhersagt. Diese Spuren finden sich vor allem an den Enden von DNA-Bruchstücken, wo die Base Cytosin deaminiert wird. Im Prinzip gilt: Je länger eine DNA nach dem Tod der Zelle verwittert, desto häufiger finden sich Bruchstücke mit deaminierten Basen als Alterungsindiz. Am Ende konnten die Forscher mit ihrer Technik das Alter verschiedener zum Test analysierter DNA-Sequenzen korrekt eingrenzen. Dies gelang aber nicht mit den Weizen-DNA-Spuren aus dem Steinzeitbritannien: Diese dürften demnach eher frisch sein, so die Forscher – jedenfalls nicht viele Jahrtausende alt.

Die Autoren der ersten Studie um Allaby sind allerdings sicher, dass keine Verunreinigung vorgelegen haben kann. Womöglich, so ihre Idee, haben die besonderen Bedingungen die DNA-Probe geschützt und konserviert: Die Weizenreste lagen immerhin über die Jahrtausende gut gekühlt im vier Grad kalten Wasser des Ärmelkanals, was die Deaminierungsprozesse verlangsamt haben sollte. Bei manchen DNA-Proben aus dem Permafrost sei etwa auch nur eine altersbedingte Deaminierung unter der angewandten Nachweisgrenze gefunden worden. Diese Theorie hält Burbanos Gruppe jedoch für unwahrscheinlich: An der DNA der Ötzi-Gletschermumie beispielsweise könne man das Alter gut ablesen, obwohl auch diese lange im Gletschereis konserviert war.

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