Doppelnutzen: Menschlicher Urin eignet sich auch als Pestizid

Weil Augenbohnen gut mit Trockenheit zurechtkommen und wenig oder keinen Dünger benötigen, stellen sie ein Grundnahrungsmittel für die verarmte Bevölkerung des Niger dar. Allerdings ist die Augenbohne zugleich anfällig für Schädlingsbefall. Pestizide als Gegenmittel sind nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern für viele Kleinbauern schlicht auch zu teuer.
Abhilfe könnte nun eine Substanz schaffen, die überall dort, wo Menschen sind, in großen Mengen verfügbar ist: Urin. Wie ein Team um Laouali Amadou vom staatlichen Landwirtschaftsforschungszentrum des Niger in Niamey berichtet, hat der Stoff offenbar unerwartete Wirkung auf die Schädlinge, die die Augenbohnen befallen.
Wie die Gruppe im »American Journal of Plant Sciences« berichtet, erreicht der Urin zwar nicht die gleiche Schädlingsreduktion wie die synthetischen Pestizide, die sie auf Vergleichsfeldern ausbrachte, beschert den Landwirten aber dennoch »akzeptable Ernten« gemessen an Äckern, auf denen gar nicht gegen die Schädlinge vorgegangen wurde.
Einen ähnlichen Effekt hatte auch Neemöl, das seit einiger Zeit nun schon als pflanzenbasiertes Pestizid in der Erprobung ist. Es sei allerdings aufwändig in der Herstellung und im Niger auch nur eingeschränkt kommerziell erhältlich, schreiben Amadou und Kollegen.
Der größte Nachteil am Einsatz von Urin dürfte dagegen sein übler Geruch sein: Um sicherzustellen, dass keine menschlichen Krankheitserreger auf die Pflanzen übertragen werden, muss er sterilisiert werden. Dazu lässt man ihn in großen Behältern ein bis zwei Monate in der Sonne vergären. »Der Geruch ist sehr, sehr intensiv«, sagt Amadou dem Wissenschaftsmagazin »New Scientist«.
Auf welche Weise der Urin die Schädlinge, zumeist Blattläuse, Thripse und Käfer, vertreibt, wissen die Forscher nicht. Sie halten den Gestank aber für eine mögliche Erklärung. Auf die Augenbohnen übertrage er sich im Übrigen nicht, erläutern sie.
Die Augenbohne, botanisch Vigna unguiculata, auch Kuh- oder Schlangenbohne genannt, wird im Niger meist im Mischfruchtanbau mit Hirse angebaut. Auf diesen Feldern sterilisierten menschlichen Urin auszubringen, hätte also womöglich eine doppelte Wirkung, weil man sich dabei zugleich die Düngewirkung des stickstoff-, phosphor- und kaliumreichen Gebräus zu Nutze machen würde.
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