Direkt zum Inhalt

Asiatische Tigermücke: Doppelschlag gegen den invasiven Blutsauger

Die aggressive Tigermücke ist weltweit, auch in Deutschland, auf dem Vormarsch - allen Versuchen der Eindämmung zum Trotz. Doch nun weckt ein Test in China Hoffnung.
Aedes aegypti

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) gilt als invasivste Moskitoart der Welt. Auch in Teilen Süddeutschlands steht das Insekt, das Krankheiten wie Denguefieber sowie das Zika-Virus übertragen kann, kurz davor, heimisch zu werden, und in vielen Gegenden Südeuropas ist ihm dies bereits gelungen. Versuche, den Vormarsch der aggressiven Mücke aufzuhalten, waren bislang nur selten von dauerhaftem Erfolg gekrönt.

Nun jedoch haben Forscher auf zwei Inseln nahe der chinesischen Stadt Guangzhou die örtlichen Tigermücken-Populationen fast vollständig ausgelöscht. Dazu kombinierten sie erstmals in einem Feldversuch zwei viel versprechende Bekämpfungsansätze. Wie sie im Fachmagazin »Nature« ausführen, setzten sie zum einen sterilisierte Weibchen frei und zum anderen Männchen, die mit Wolbachia pipientis infiziert waren. Dieses Bakterium mindert die Fähigkeit der Insekten, sich zu vermehren und Viren zu übertragen. Der Doppelschlag hatte zur Folge, dass die Zahl der Stechmücken auf einer Insel um bis zu 94 Prozent sank.

Das sei mit der erfolgreichste Versuch, A. albopictus auszurotten, schreibt Peter Armbruster, Moskitoökologe an der Georgetown University in Washington D. C. in einem begleitenden Kommentar zur »Nature«-Studie. In Kombination mit weiteren Methoden der Bestandskontrolle, Pestiziden etwa, könnte der duale Ansatz ein sehr wirkungsvolles Instrument sein, so der Forscher.

Kaum unter Kontrolle

Frühere Studien haben gezeigt, dass man die Zahl von Schädlingen drastisch reduzieren kann, wenn man eine große Zahl männlicher Tiere mit Hilfe von Röntgenstrahlung sterilisiert und dann frei lässt. Erfolgreich getestet wurde dies beispielsweise an der Neuwelt-Schraubenwurmfliege (Cochliomyia hominivorax). Die Idee dahinter ist, dass die Weibchen sich mit den manipulierten Männchen paaren, dann aber keinen Nachwuchs produzieren. Zur Bekämpfung von Moskitos ist diese Methode allerdings weniger effizient, denn die bestrahlten Männchen sind für die Weibchen weniger attraktiv und können sich dementsprechend seltener als ihre unveränderten Geschlechtsgenossen paaren.

Ein alternativer, ebenfalls seit Längerem verfolgter Ansatz besteht darin, im Labor gezüchtete Mücken mit Wolbachia-Stämmen zu infizieren. Dieser Parasit befällt auch in freier Wildbahn die Insekten. Zur Bekämpfung taugt er, weil männliche Mücken, die eine bestimmte Kombination von Wolbachia-Stämmen tragen, mit Weibchen, die eine andere Kombination beherbergen, keine Nachkommen produzieren können. Die künstliche Infektion mit Wolbachia ist folglich auch ein Versuch, die Tiere an der Fortpflanzung zu hindern.

Aber es ist wichtig, dass nur männliche Moskitos, die mit dieser speziellen Kombination infiziert sind, in die freie Wildbahn gelangen, sagt Zhiyong Xi, ein medizinischer Entomologe an der Michigan State University in East Lansing und Leiter der aktuellen Studie. Sonst könnten sich Männchen und Weibchen mit identischem Wolbachia-Cocktail paaren und Nachkommen produzieren – die dann schließlich die lokale Mückenpopulation ersetzen könnten, was zukünftige Bekämpfungsversuche, die auf eine Wolbachia-Infektion angewiesen sind, erschwert.

Um dies zu verhindern, separieren in der Regel die Labore, die zum Zweck der Bestandkontrolle Moskitos aufziehen, Männchen und Weibchen anhand von Größenunterschieden vollautomatisch voneinander. Leider sei das Verfahren nicht fehlerfrei, sagt Xi, also müssen die Mitarbeiter eine zweite Untersuchung durchführen und dabei per Hand weibliche Moskitos aussortieren. Das ist mühsam und zeitaufwändig und begrenzt die Zahl der Moskitos, die freigesetzt werden können. Also machten sich Xi und sein Team daran, die Notwendigkeit dieses Prozesses zu eliminieren.

Mückenbekämpfung im Großmaßstab

Wilde Populationen der Asiatischen Tigermücke sind mit zwei Wolbachia-Stämmen infiziert. Die Forscher fügten eingefangenen Tieren nun einen weiteren Stamm hinzu. In ihrem Labor zogen sie dadurch eine Kolonie von Insekten mit drei Bakterienvarianten auf. Diese Kolonie setzte das Team dann einer geringen Strahlung aus, was die Weibchen sterilisierte, aber die Paarungsfähigkeit der Männchen nur geringfügig einschränkte.

Als Versuchsgebiet wählten die Forscher Wohngebiete auf zwei Inseln bei Guangzhou aus – die Stadt mit der höchsten Infektionsrate von Denguefieber in China. Während der Moskitohochsaison in den Jahren 2016 und 2017 setzten die Forscher dort dann jede Woche mehr als 160 000 ihrer behandelten Moskitos pro Hektar frei.

Ihre Hoffnung war, dass das die Moskitopopulation erheblich reduzieren würde, da sowohl wilde Weibchen, die sich mit den veränderten Männchen paarten, als auch wilde Männchen, die sich mit sterilen Laborweibchen paarten, keine Nachkommen zeugen würden. Erfolg oder Misserfolg sollte sich an der Zahl der ausgewachsenen weiblichen Moskitos zeigen, denn sie sind es, die Menschen stechen und Krankheiten übertragen. Und tatsächlich: Die durchschnittliche Zahl ausgewachsener Mückenweibchen sank 2016 um 83 Prozent und 2017 um 94 Prozent.

»Das ist sehr beeindruckend«, sagt Stephen Dobson, medizinischer Entomologe an der University of Kentucky in Lexington und Gründer von MosquitoMate, einem Unternehmen, das Wolbachia als Werkzeug zur Kontrolle der Asiatischen Tigermücke vermarktet.

Derzeit gebräuchliche Strategien zur Bekämpfung von A. albopictus seien wirkungslos, sagt Dobson. Um die Tigermücke in Schach zu halten, bringen Experten beispielsweise Pestizide aus und sorgen dafür, dass sich möglichst nirgendwo wassergefüllte Behälter finden, in denen die Insekten ihre Eier ablegen. Doch die Moskitos würden ihre Eier auch an versteckten Orten legen, die kaum zu überwachen seien. Hinzu kämen Resistenzen gegen gängige Insektizide. »Ein neues Werkzeug wie das aus der aktuellen Studie ist dringend erforderlich«, sagt er.

Die große Herausforderung sei nun, das Verfahren so zu verfeinern, dass es sich als Strategie zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit in ganzen Regionen eigne, findet Gordana Rašić, Molekularökologin am QIMR Berghofer Medical Research Institute im australischen Brisbane.

Wolbachia gegen Moskitos in Stellung zu bringen, hält auch Rašić für einen viel versprechenden Ansatz. Weitere Tests und Verbesserungen vorausgesetzt, könne so vielleicht wirklich die Häufigkeit von durch Moskitos übertragenen Krankheiten reduziert werden. »Es herrschen gerade spannende Zeiten in der Moskitobekämpfung«, sagt Rašić.

Dieser Artikel ist unter dem Titel »World's most invasive mosquito nearly eradicated from two islands in China« bei »Nature News« erschienen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.