Direkt zum Inhalt

News: Drogen für den Eigenbedarf?

Amerikanische Forscher fanden heraus, daß Signale in Pflanzen ähnlich übertragen werden wie im menschlichen Gehirn. Dies erklärt, warum Pflanzen neuroaktive Substanzen erzeugen, die auf die Rezeptoren in den Gehirnen von Mensch und Tier einwirken. Vieles deutet darauf hin, daß sich die Signalübertragung zwischen den Zellen aus einem Mechanismus herausgebildet hat, der schon vor dem Auseinanderdriften von Pflanzen- und Tierzellen existierte.
Gloria Coruzzi, Pflanzen-Molekularbiologin an der New York University, und ihr Forscherteam überprüften die DNA von Arabidopsis (Ackerschmalwand), einer gewöhnlichen Laborpflanze. Sie entdeckten Gene, die Glutamat-Rezeptoren (iGluRs) codieren, von denen bekannt ist, daß sie an der Signalübertragung zwischen menschlichen Hirnzellen beteiligt sind. Im Gehirn werden diese Glutamat-Rezeptoren dann durch die Aminosäure Glutamat aktiviert. Dieses Schlüssel-Schloß-Prinzip ist einer der Kernpunkte der Aktivierungs- und Kommunikationssysteme zwischen Gehirnzellen.

Coruzzi und Hon-Ming Lam von der University of Hong Kong veröffentlichten ihre Ergebnisse in Nature vom 5. November 1998. Sie fanden heraus, daß Glutamat in den Pflanzen auch als chemischer Botenstoff dient: Es ist an der Übermittlung beteiligt, ob und wieviel Licht vorhanden ist, und es spielt eine Rolle bei der Regulierung lichtabhängiger Prozesse, wie dem Stielwachstum und der Chlorophyll-Synthese. Außerdem entdeckten sie, daß Arabidopsis nicht richtig auf Licht reagieren kann, wenn die Glutamat-Rezeptoren blockiert sind.

Bisher glaubte man, daß Glutamat-Rezeptoren ein spezialisiertes Signalübertragungssystem darstellen, das sich erst in den Gehirnen von Tieren entwickelte und nur bei Tieren auftritt. Die Ergebnisse von Coruzzi und ihrem Team deuten jedoch darauf hin, daß Glutamat-Rezeptoren und andere ähnliche Übertragungssysteme tatsächlich angestammte Methoden der einfachen Zellkommunikation sind, die sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren auftreten.

Damit könnte auch erklärt werden, warum bestimmte Pflanzen Substanzen herstellen, die in Tiergehirnen die Glutamat-Rezeptoren aktivieren, oder warum Pflanzen auch andere neuroaktive Substanzen herstellen wie zum Beispiel Nikotin, Koffein oder Kokain. Die am weitesten verbreitete Hypothese besagt, daß von Pflanzen hergestellte psychoaktive Substanzen primär Abwehrmechanismen gegen Pflanzenfresser darstellen. Coruzzi und ihr Team hingegen glauben, daß dies eher eine sekundäre Funktion ist, die sich in einigen Pflanzenspezies unter selektivem Druck entwickelte. Sie glauben, die primäre Funktion dieser Substanzen besteht darin, eine Vielzahl noch unentdeckter Signalübertragungssysteme zwischen den Zellen zu aktivieren und zu regulieren.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.