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Drogenpolitik: Bundesrat macht Weg für Cannabis-Legalisierung frei

Die umstrittene begrenzte Freigabe von Cannabis hat die letzte Hürde genommen - und für Erwachsene rückt erlaubtes Kiffen näher. In Sicht sind auch schon erste Nachbesserungen.
Eine bunt beleuchtete Cannabis-Pflanze
Der Bundesrat hat den Hanf freigegeben - unter Auflagen.

Der Weg für die teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist nach jahrzehntelangen Diskussionen frei. Der Bundesrat ließ am Freitag, 22. März 2024, ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, mit dem zum 1. April Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben für den Eigenkonsum erlaubt werden. Trotz vieler Kritikpunkte gab es keine Mehrheit dafür, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament zu schicken und so vorerst auszubremsen. Um ein Scheitern abzuwenden, hatte die Bundesregierung zuletzt noch zugesichert, einige Regelungen nachträglich zu ändern.

Die Zäsur in der Drogenpolitik kann damit am Ostermontag in Kraft treten. Das Gesetz muss zuvor noch amtlich verkündet werden, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es unterzeichnet hat. Legal sein soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen erlaubt sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingang.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb vor der Abstimmung für das Gesetz, das eine Chance sei, durch Entkriminalisierung und bessere Aufklärung besonders die junge Generation vor Konsum und dem Schwarzmarkt zu schützen. Rednerinnen und Redner mehrere Länder warnten dagegen vor einer Legalisierung. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nannte das Gesetz einen Irrweg. Es stelle die Länder vor einen massiven zusätzlichen Verwaltungs- und Vollzugsaufwand.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, bei dem Gesetz könne es nicht um Parteipolitik gehen. Diese Frage sei so zentral und so persönlich, »dass für mich klar war, ich werde einer Legalisierung von Drogen unter keinen Umständen zustimmen, auch wenn das Ärger in meiner sächsischen Koalition gibt«. Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) äußerte sich gegen eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Bei der Abstimmung votierte Sachsen dann uneinheitlich, die Stimme wurde daher als ungültig erklärt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechnet nach der Billigung des Cannabisgesetzes durch den Bundesrat mit Schwierigkeiten und einer Mehrbelastung für die Polizei. »Die Länder haben die Chance vertan, angesichts vieler offener Fragen politische Vernunft walten zu lassen«, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz am Freitag. Polizei, Zoll, Justizbehörden und Jugendämter stünden nun vor unnötigen Herausforderungen. »Ab dem 1. April werden unsere Kolleginnen und Kollegen in zahlreiche Konfliktsituationen mit Bürgerinnen und Bürgern geratet«, prognostizierte der GdP-Vize. Denn auf allen Seiten gebe es nach wie vor Unsicherheiten.

Erlaubt werden mit dem Gesetz auch nicht kommerzielle »Anbauvereinigungen« für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben – im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine erste Bewertung auch dazu vorgelegt werden, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.

Dass das Gesetz die letzte Hürde nimmt, war bis kurz vor der Sitzung ungewiss gewesen. Drei Ausschüsse der Länderkammer hatten die Anrufung des Vermittlungsausschusses empfohlen. Der federführende Gesundheitsausschuss schlug vor, das Inkrafttreten auf den 1. Oktober zu verschieben. Die Bundesregierung hatte einige Kritikpunkte aufgenommen, um ein Vermittlungsverfahren abzuwenden. In einer Erklärung, die im Bundesrat zu Protokoll gegeben wird, sicherte sie mehr Unterstützung bei Aufklärung und Vorbeugung vor allem für Kinder und Jugendliche sowie flexiblere Umsetzungsregeln zu. Dafür sollen nun noch vor dem 1. Juli 2024 einige nachträgliche Änderungen am Gesetz umgesetzt werden.

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