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Klimawandel: Düngung mit Kohlendioxid funktioniert immer schlechter

Mehr Kohlendioxid in der Luft lässt viele Pflanzen kräftiger wachsen – doch diese Wirkung schwindet zusehends. Denn es mangelt an Wasser und Nährstoffen.
Regenwald und La Fortuna Waterfall in Alajuela, Costa Rica

Wir Menschen blasen riesige Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Luft: derzeit etwa 38 Milliarden Tonnen jährlich. Das hat weit reichende Folgen, insbesondere führt es zur globalen Erwärmung und zur Versauerung der Ozeane. Es lässt auch Pflanzen üppiger gedeihen – jedoch klingt dieser Effekt zusehends ab, berichten nun Forscher um Yongguang Zhang von der Nanjing University (China).

In den zurückliegenden 40 Jahren ist der atmosphärische CO2-Gehalt um rund 20 Prozent gestiegen, verursacht durch menschengemachte Emissionen. Zugleich ergrünte die Erde: Der so genannte Blattflächenindex, das Verhältnis von Blatt- zu Bodenoberfläche, nahm weltweit zu. Das überrascht nicht, denn Pflanzen nehmen CO2 aus der Luft auf und verarbeiten es fotosynthetisch zu Biomasse. Mit erhöhtem Angebot des Stoffs sollte somit mehr pflanzliche Biomasse entstehen, sprich das Pflanzenwachstum kräftiger ausfallen. Nach diesem Prinzip funktionieren Gewächshäuser mit künstlicher CO2-Zufuhr.

Reflektiertes Licht verrät Bewuchs

Wenn der atmosphärische CO2-Gehalt immer weiter nach oben klettert, was er bislang tut, zieht dann das Pflanzenwachstum gleichermaßen an? Das haben Zhang und sein Team jetzt untersucht. Sie werteten verschiedene Messreihen aus, die satelliten- und bodengestützte Instrumente in den zurückliegenden vier Jahrzehnten aufgenommen haben. Diese Instrumente erfassen bestimmte Wellenlängen des Lichts, das Landoberflächen zurückwerfen. Daraus geht hervor, wie stark die Flächen bewachsen sind. Denn fotosynthetisch aktive Pflanzen reflektieren im nahen Infrarot etwa sechsmal so stark wie im Bereich des sichtbaren roten Lichts. Verrechnet man die entsprechenden Reflexionswerte, erhält man einen so genannten Vegetationsindex – ein Maß für die Pflanzenmasse auf dem jeweiligen Areal. Auch die Fluoreszenz des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll erlaubt solche Abschätzungen.

Zhang und sein Team prüften, wie sich der Vegetationsindex weltweit über die Jahrzehnte entwickelt hat, während der CO2-Gehalt stieg. Sie ermittelten also, wie die Vegetation auf die immer größere Menge an Kohlenstoffdioxid reagierte.

Das Ergebnis: Kohlenstoffdioxid lässt viele Pflanzen zwar kräftiger wachsen, doch diese Düngung fällt mit steigenden CO2-Werten immer schwächer aus. Seit den 1980er Jahren hat sie um etwa 40 Prozent nachgelassen. Der Grund: Pflanzen benötigen zum Wachsen nicht nur CO2, sondern auch Wasser und Nährstoffe wie Stickstoff- und Phosphorverbindungen. Etwa zwei Fünftel der weltweiten Landoberfläche sind Trockengebiete, in weiteren Regionen wie tropischen Regenwäldern mangelt es an Nährstoffen. Selbst bei noch so viel CO2 in der Luft wachsen die Pflanzen dort irgendwann nicht mehr kräftiger, weil ihnen dafür die anderen notwendigen Substanzen fehlen. Tatsächlich haben Zhang und sein Team empirisch nachgewiesen: Die CO2-Düngung funktioniert insbesondere dort immer schlechter, wo Nährstoff- oder Wassermangel herrscht.

In dem Zusammenhang spielen noch weitere Effekte eine Rolle. So klettern mit steigendem CO2-Gehalt die Temperaturen, was zahlreiche Pflanzen dazu bringt, ihre Fotosyntheseleistung herabzusetzen. Trotz höheren CO2-Angebots stagnieren deshalb die Erträge vieler Nutzpflanzen oder sie sinken sogar, wie kürzlich ein Langzeitexperiment ergeben hat. Zudem häufen sich, wenn die Erwärmung fortschreitet, Extremwetter-Ereignisse wie Dürren, die das Pflanzenwachstum ebenfalls schmälern.

Zhang und seine Kollegen haben nicht nur empirische Messdaten ausgewertet, sondern außerdem getestet, ob sich die beobachteten Ergebnisse mit gängigen Computermodellen zum Kohlenstoffkreislauf nachvollziehen lassen. Die Modelle unterschätzen demzufolge, wie sehr die CO2-Düngung mit der Zeit abflaut – offenbar, weil sie nur unzureichend berücksichtigen, wie empfindlich die Vegetation auf Nährstoff- und Wassermangel reagiert. »Die Fotosynthese der Landpflanzen wird künftig wohl nicht in dem Maß zunehmen, wie es die gängigen Modelle vorhersagen«, schreiben die Forscher. »Ihre dämpfende Wirkung auf den Klimawandel wird somit vermutlich schwächer ausfallen als bisher angenommen, was bedeuten dürfte, dass sich die globale Erwärmung weiter beschleunigt.«

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