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News: Dünn besiedelt

Was braucht Leben zum leben? - Wasser, einige Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel zur Synthese komplexer Moleküle und eine Energiequelle, die entweder chemischer Natur sein darf oder eine Form der Photosynthese darstellen kann. Ausgehend von diesen Minimalanforderungen haben Wissenschaftler berechnet, welche Biomasse sich auf dem Mars oder dem Jupitermond Europa theoretisch gebildet haben könnte. Ihr Ergebnis ist ernüchternd: Da oben kann niemals besonders viel losgewesen sein - wenn es dort überhaupt jemals Leben gegeben haben sollte.
Bruce Jakosky vom Laboratory for Atmospheric and Space Physics der University of Colorado in Boulder und Everett Shock vom Department of Earth and Planetary Sciences der Washington University in St. Louis bestimmten das biologische Potential des Mars sowie des Jupitermondes Europa anhand von Modellrechnungen. Sie bezogen die Verwitterung der Gesteine, den Verlauf der vulkanischen Aktivität auf dem Mars und die damit verbundene Tätigkeit der hydrothermalen Schlote ein. Nach ihren Angaben könnte sich im Verlaufe der Milliarden Jahre nur sehr wenig Leben durch chemische Reaktionen gebildet haben (Journal of Geophysical Research vom 25. August 1998).

Mit Hinblick auf irdische Mikroorganismen, die in extremen Umgebungen leben und ihre Energie aus geochemischen Quellen beziehen – wie es spezialisierte Bakterien in der Nähe von Tiefseeschloten machen –, haben die Forscher bestimmt, wieviel Energie auf dem Mars zur Verfügung stünde. Da die Menge des vulkanischen Gesteins, das der Planet im Laufe seines Lebens ausgeschleudert hat, mehrere hundertmal kleiner ist als auf der frühen Erde, ist vermutlich auch die erreichbare Energie aus hydrothermalen Schloten entsprechend geringer, meint Jakosky.

Die Erfindung der Photosynthese erschloß für das Leben auf der Erde eine zuverlässige Energiequelle hoher Intensität. Sie ermöglichte es, daß auf jedem Quadratzentimeter Landfläche im Durchschnitt 20 Gramm Organismen in 1 000 Jahren gebildet werden. Nach Angabe von Shock würde es auf dem Mars vier Milliarden Jahre dauern, diese 20 Gramm zusammenzukratzen – vorausgesetzt, die Lebewesen wären auf chemische Energiequellen angewiesen. "Aber es gibt bisher keine Anzeichen für Leben auf dem Mars, geschweige denn für Photosynthese", sagt Jakosky.

So wird es vermutlich eine Enttäuschung bei den Anhängern von Marsmikroben oder gar grünen Männchen geben, wenn im Laufe des kommenden Jahrzehntes eine Raumsonde die erste Probe Marsgesteins zur Erde bringen wird. Die Wahrscheinlichkeit, daß darin Fossilien oder sogar Lebewesen enthalten sind, ist nach Meinung von Jakosky und Shock äußerst gering. Sie schlagen deshalb vor, die Suche auf erloschene oder aktive hydrothermale Schlote zu konzentrieren, die an den Wänden der Schluchten zutage treten könnten, oder auf aktive Energiequellen an der Oberfläche.

Ihre Prognose für Leben auf dem Jupitermond Europa sieht noch düsterer aus. Der Satellit könnte nach Messungen der Sonde Galileo flüssiges Wasser unter seinem dicken Eispanzer haben. Doch falls es dort Leben geben sollte, dann nicht im Wasser selbst, sondern im Gestein darunter, sagen die Forscher. Denn dort könnte die Energie der inneren Wärme des Mondes genutzt werden. Allerdings ist das noch weniger als der Mars hergibt.

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