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Erdbeben: Dünne Lehmschicht machte Tsunami groß

Tsunamihöhen

Bis zu zehn Meter und mehr war der Tsunami hoch, der am 11. März 2011 die japanische Ostküste traf, nahezu 600 Quadratkilometer Küstengebiete überschwemmte und ganze Landstriche verwüstete. Mehr als 15 000 Menschen starben. Mehrere Forscherteams des Japan Trench Fast Drilling Project berichten nun, dass eine kaum fünf Meter dicke Lehmschicht für die enorme Gewalt der Welle verantwortlich war. Diese geologische Struktur nämlich führte dazu, dass sich auch die dünnen Außenbereiche der kontinentalen Platte bis hinein in den Tiefseegraben um mehrere Dutzend Meter verschoben – und so gigantische Wassermassen verdrängten.

Das Bohrschiff Chikyu | Das Bohrschiff Chikyu kann auch in tausende Meter tiefem Wasser noch Gesteinsproben aus der Erdkruste ziehen.

Die Forscherteams analysierten Daten und Proben aus drei Bohrungen in die Verwerfungszone, entlang derer sich die Erdplatten gegeneinander verschoben. Mit dem Bohrschiff Chikyu bohrten die Teams in 6900 Metern Wassertiefe durch etwa einen Kilometer Sediment und nahmen Proben der Verwerfungszone selbst. Dort fanden sie eine knapp fünf Meter dicke Lehmschicht mit schuppiger Struktur [1]. Experimente zeigen, dass diese sich anders verhält als erwartet – mit dramatischen Folgen.

Tiefe und flache Bereiche einer Subduktionszone verhalten sich bei einem Erdbeben grundlegend unterschiedlich. In tiefen Gesteinsschichten ist die Reibung an einer Verwerfung am höchsten, wenn sie verhakt ist. Je schneller sich die Platten jedoch bewegen, desto geringer ist die Reibung, so dass sich die Erdplatten entlang der Verwerfung um weite Strecken verschieben, sobald die Spannung an den verhakten Gesteinen zu groß wird. Die flachen Bereiche, in denen Tiefseesedimente die Kontaktfläche bilden, verhalten sich anders: Sie setzen den hohen Geschwindigkeiten bei Erdbeben wesentlich mehr Widerstand entgegen, während sich Spannungen durch kriechende Verschiebung leicht abbauen.

Dieser Effekt schützt Tsunami-gefährdete Küsten normalerweise vor wirklich großen Wellen. Denn die entstehen, wenn sich der Meeresboden ruckartig um große Strecken verschiebt. Doch gerade die Bereiche der Verwerfung, die auf diese Weise das meiste Wasser in Bewegung setzen, widersetzen sich solchen abrupten Bewegungen: Es sind die flachen Teile der Verwerfung nahe den Tiefseegräben.

Wie das Bohrteam nun allerdings gezeigt hat, verhielt sich die Verwerfung des Tohoku-Bebens ganz anders. Das schuppige Tonmaterial setzt schnellen Bewegungen nämlich mit steigender Geschwindigkeit immer weniger entgegen, ganz besonders, wenn die Verwerfungsfläche wassergesättigt ist [2] – und dass dem so war, darauf deuten Temperaturmessungen in der Verwerfung selbst hin. Die Konsequenz war, dass sich der Meeresboden bis in den Tiefseegraben hinein um bis zu 50 Meter verschob und eine gigantische Wassermenge in Bewegung setzte – die dann als Tsunami die japanische Küste verwüstete.

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