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News: Dunkle Herkunft trotz strahlender Feierlichkeiten

Auch wenn sich zahlreiche Legenden um den populärsten christlichen Feier- und Brauchtumstermin ranken, eines ist sicher: Der Ausgangspunkt der weltweiten Erfolgsstory von Weihnachten, die Geburt von Jesus Christus, passierte weder am Vorabend des 25. Dezembers, noch im Jahre Null, wie uns der Kalender suggeriert. Diese und andere Weihnachtsgeschichten hat ein Volkskundler- und Historikerteam zusammengetragen.
Zieht man die Bibel zu Rate, so kommt man auf unterschiedliche Geburtstermine, die zwischen einige Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung und sechs bis sieben Jahre danach schwanken. Beruft man sich auf auffällige Planentenkonstellationen, dann kommen die Jahre 2 oder 1 v.Chr. in Frage.

Daß man das Weihnachtsfest auf den 25. Dezember fallen ließ, dürfte auf das im 3. Jahrhundert von den Römern eingeführte (heidnische) Fest sol invictus zurückgehen. Sicher hat der Termin mit der Wintersonnenwende zu tun, die zwar schon am 21. Dezember stattfindet, aber erst am 25. Dezember, wenn auch nur marginal, bemerkbar ist. Wie die Überlieferung berichtet, fand das erste christliche Weihnachtsfest am 25. Dezember 336 in Rom statt.

Leichter als diese Herkunftsdeutungen ist die Frage, warum das Hochfest der Geburt Christi nicht am 25., sondern bereits am Vorabend, also am 24. Dezember, gefeiert wird. Hier überzeugt der Verweis auf ein anderes Kalenderdenken alter Hochkulturen, etwa der griechischen, in der der Tag nicht – wie heute üblich – von Mitternacht bis Mitternacht, sondern von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang gezählt wurde. Auf diese Weise wurde der Vorabend bereits zum folgenden Tag gerechnet.

Der Ausdruck "Weihnachten" leitet sich übrigens vom althochdeutschen Wort "wih", das soviel bedeutet wie "heilig" oder "geweiht". Wörtlich übersetzt heißt also Weihnachten nichts anderes als "Heilige Nacht".

Überall auf Erden

Auch wenn sich Weihnachten als Fest der Freude und des Schenkens weltweit durchgesetzt hat, wird es in den Kulturen rund um den Globus recht unterschiedlich begangen. Ein kleiner Rundblick, zusammengestellt von Gerhard Dienes, Direktor des Grazer Stadtmuseums, und Maria Brunner:

In Dänemark bilden Reisbrei und Gänsebraten, aber auch Fische das traditionelle Festmahl. In Schweden wird der "Julglögg", ein spezieller Glühwein, serviert, in Norwegen Rotweinpunsch. Gäste, die im hohen Norden einer Weihnachtsfeier beiwohnen wollen, müssen einen starken Magen mitbringen: Nach mit Zuckerglasur überzogenem, gekochtem Schinken, der mit Burgundersoße und Kastanien serviert wird, folgt "Lutfisk", ein mit Sodlauge und Kalk präparierter Kabeljau.

In allen skandinavischen Ländern ist es üblich, in Vor- oder Nachspeise eine Mandel zu verstecken, die dem glücklichen Finder ein besonderes Geschenk einbringt. Etwas übermütig mutet der schwedische Brauch an, den Christbaum am 13. Januar – nach der "Plünderung" – kurzerhand aus dem Fenster zu werfen.

In Großbritannien wird der Weihnachtsmonat als einzige große Party zelebriert. Christmas heißt, sich zu vergnügen und ausgiebig nachbarschaftliche Freundschaften zu pflegen. Den Höhepunkt bildet der 25. Dezember, das traditionelle Festmahl ist der turkey, der Truthahn. Den Heiligen Abend kennt man nicht.

Keine Spur von Besinnlichkeit gibt es auch in Frankreich, denn zu Weihnachten ist "die Hölle los". Austern und Champagner, von dem zwischen Weihnachten und Neujahr rund ein Drittel des Jahreskonsums getrunken wird, eröffnen den kulinarischen Reigen, zu dem auch eine boudin blanc, eine mit Trüffeln oder Mandelsplittern gespickte Weißwurst, und eine Art Buttercremetorte (buche de noel) gehören.

Einen ganz besonderen Status hat das Weihnachtsfest jenseits des Großen Teiches: Ursprünglich von europäischen Einflüssen, insbesondere durch deutsche Einwanderer, geprägt, findet heute ein "Rücktransport" durch Santa Claus und populäre Weihnachtslieder statt. Vor allem der Einkaufsrausch scheint eine amerikanische Erfindung zu sein. Als echter Feiertag gilt nur der 25. Dezember.

In Mexiko wird der Weihnachtsabend als "Geburtstagsfest" ausgelassen und lautstark gefeiert, Geschenke gibt es erst am 6. Januar, dem Epiphanienfest. Weihnachten ohne Schnee feiert man in Bolivien mit Tanz, Empanadas (gefüllte Teigtaschen) und Maisbier, in Brasilien werden bei tropischen Temperaturen Kerzen an Pinien und Kakteen oder an Weihnachtsbäumen aus Pappmache befestigt. Das Jesuskind liegt nicht in der Krippe, sondern in der Hängematte.

In Afrika ist in der Festgestaltung noch das Wirken der Missonare erkennbar, aber auch Elemente eigener alter Feierkultur sind erhalten geblieben. Mit Volksgesängen und rhythmischen Tänzen wird im Hochsommer Weihnachten gefeiert, Herbergssuche und Krippenspiel werden dramatisiert nachgespielt, wobei bei den Massai mitunter auch Neugeborene die Rolle des Jesuskindes übernehmen.

In Singapur und Australien kommt der Weihnachtsmann stilecht mit dem Surfbrett – ansonsten regiert die amerikanische Art der Fest- und Schenkkultur. Obwohl sich nur 1,5 Prozent der Japaner zum christlichen Glauben gekennen, erfreut sich das Fest auch in Nippon immer größerer Beliebtheit. Partys werden veranstaltet, man verkleidet sich als Santa Claus oder Engel mit Heiligenschein und Flügeln, die Ausrüstung "made in China" kauft man im Supermarkt.

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