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Dunkle Materie: »Licht-durch-die-Wand-Experiment« am DESY gestartet

Die Suche nach Dunkler Materie ist einer der zähesten Fälle der Kosmologie. In Hamburg will nun ein Forschungsteam die extrem leichten Teilchen aufspüren, aus denen sie bestehen könnte.
Magnetreihe des ALPS-Experiments im ehemaligen HERA-Tunnel
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Photon in ein Axion und wieder zurückverwandelt, ist »so groß wie ein Pasch mit 33 Würfeln«.

Trotz jahrzehntelanger Fahndung gibt es bisher noch immer kein einziges Foto oder Messergebnis, das verrät, was sich hinter der Dunklen Materie verbirgt. Dabei soll sie im Universum fünfmal so häufig vorkommen wie normale Materie. So wurde es bereits in den 1930er Jahren postuliert und seitdem durch viele weitere astronomische Beobachtungen sowie theoretische Arbeiten gestützt. Physikerinnen und Physikern mangelt es auch nicht an Ideen, worum es sich dabei handeln könnte – doch bislang fehlt jedweder Nachweis. Mit einem extrem empfindlichen Experiment will ein Forschungsteam nun nach besonders leichten Teilchen suchen, aus denen die Dunkle Materie aufgebaut sein könnte. Das Projekt »ALPS II« ist am 23. Mai offiziell am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg gestartet. Gesucht werden dort so genannte Axionen oder axionartige Teilchen, die sehr leicht sind und nur extrem schwach mit bekannter Materie reagieren, so dass sie in Beschleuniger-Experimenten wie denen am CERN in der Schweiz nicht gefunden werden können.

ALPS steht als Akronym für »any light particle search«, was übersetzt so viel bedeutet wie »Suche nach beliebig leichten Teilchen«. Wegen des Versuchsaufbaus nennen die Forschenden das Projekt auch »Licht-durch-die-Wand-Experiment«. In der vorderen Hälfte der 250 Meter langen »ALPS«-Anlage sollen Lichtteilchen (Photonen) mit Hilfe von Spiegeln in einem Magnetfeld gehalten werden. Der hintere Bereich ist durch eine lichtdichte Wand abgetrennt. Ein Detektor soll anzeigen, wenn dort doch ein Photon auftauchen sollte. Der Nachweis eines solchen Lichtteilchens hinter der lichtdichten Wand würde nach Annahme der Forscher die Existenz von Axionen belegen. Denn nur durch die zeitweise Umwandlung in so ein ultraleichtes Teilchen könne ein Photon die Wand durchdringen.

»Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Photon in ein Axion und wieder zurückverwandelt, ist allerdings trotz all unserer Techniktricks sehr klein – vergleichbar damit, dass man gleichzeitig mit 33 Würfeln einen Pasch wirft«, sagte Axel Lindner, Projektleiter und Sprecher der internationalen »ALPS«-Kollaboration gegenüber der Deutschen Presseagentur.

Die in zehn Jahren Bauzeit entstandene Anlage bietet eine Reihe von Superlativen: Der Lichtdetektor sei so empfindlich, dass er ein einzelnes Lichtteilchen pro Tag nachweisen könne, hieß es von Seiten des DESY. Auch die Präzision des Spiegelsystems für das Licht sei rekordverdächtig: »Der Spiegelabstand darf relativ zur Wellenlänge des Laserlichts höchstens um den Bruchteil eines Atomdurchmessers variieren.« Für das Experiment werden 24 große, supraleitende Magnete auf minus 269 Grad gekühlt.

Das »Licht-durch-die-Wand-Experiment« wurde in einem geraden Tunnelabschnitt des 2007 stillgelegten Teilchenbeschleunigers Hadron-Elektron-Ring-Anlage (HERA) eingerichtet, dem einst größten Beschleunigerring Deutschlands. Auch die supraleitenden Magnete sind keine Neuanfertigung. Sie hielten einst die Protonen für die Kollisionsexperimente auf ihrer Bahn.

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