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Kosmische Heizung: »Dunkle Photonen« sollen die Existenz der Dunklen Materie erklären

Unerwartete Daten des Hubble-Teleskops könnten ein kosmisches Rätsel lösen. Eine »Heizung« aus Dunkler Materie soll demnach die größten Strukturen des Universums erwärmen.
Abstrakte Darstellung Universum

Außergewöhnlich heiße kosmische Strukturen könnten auf die Existenz »dunkler Photonen« hindeuten und so die rätselhafte Dunkle Materie im Universum erklären. Darauf deuten Simulationen einer Arbeitsgruppe um James S. Bolton von der University of Nottingham hin. Dunkle Photonen gehören zu einem ganzen Zoo hypothetischer Teilchen, deren Existenz Fachleute auf der Basis theoretischer Überlegungen postulieren. In den »Physical Review Letters« zeigt das Team exemplarisch, wie sich dunkle Photonen in normale Photonen umwandeln. Nimmt man eine bestimmte Masse für die exotischen Teilchen an, könnte die so entstehende Strahlung erklären, warum das den Kosmos durchziehende Netzwerk intergalaktischer Filamente heißer ist als erwartet.

Hintergrund der Suche nach Dunkler Materie ist, dass es im Universum viel mehr Masse zu geben scheint, als tatsächlich sichtbar ist. Ganze 85 Prozent der Materie entziehen sich bislang noch allen Nachforschungen. Die derzeit weithin akzeptierte Hypothese ist, dass das Weltall erfüllt ist von Elementarteilchen, die nahezu nur durch ihre Masse mit der sichtbaren Materie wechselwirken. Die Natur dieser »dunklen« Teilchen ist jedoch völlig rätselhaft, zumal alle Versuche, sie zum Beispiel in Teilchenbeschleunigern aufzuspüren, bislang komplett erfolglos waren. Manche Fachleute suchen daher nach Unterschieden zwischen theoretischen Werten und gemessenen Daten, die Wechselwirkungen sichtbarer mit dunkler Materie nahelegen könnten.

Einige solcher Anomalien könnten auf dunkle Photonen hindeuten – Trägerteilchen einer weiteren Naturkraft, ganz so wie Photonen elektromagnetische Kraft übertragen. Anders als Photonen hätten sie eine Masse, wären aber nur indirekt nachweisbar – nachdem sie in Elektronen und Positronen (den Antiteilchen der Elektronen) zerfallen sind. Außerdem sagt die Theorie voraus, dass diese Teilchen eine »Mischung« von Photonen und dunklen Photonen sind, also sich ineinander umwandeln wie die verschiedenen Neutrinotypen. Auf diese Weise könnten die dunklen Photonen eine bisher unbekannte Strahlungsquelle sein. Genau eine solche Strahlungsquelle, berichtet die Gruppe um Bolton nun, wäre eine Erklärung für eine Beobachtung des Hubble Space Telescope.

Laut Daten des Cosmic Origin Spectrograph (COS) an Bord des Teleskops nämlich sind die größten Strukturen des Universums heißer als theoretisch erwartet. Die kosmischen Filamente sind Strukturen aus ganzen Ansammlungen von Galaxien, die sich durch ihre Gravitation zu Fäden und Wänden anordnen und sich über enorme Distanzen durch das Universum ziehen. Dunkle Photonen mit einer bestimmten Masse könnten durch ihre Umwandlung zu Photonen jedoch genau die gesuchte zusätzliche »Heizung« liefern. Allerdings ist über den hypothetischen »dunklen Sektor« der Materie so wenig bekannt, dass man die Eigenschaften solcher hypothetischer Teilchen – innerhalb gewisser Grenzen – für nahezu jede Beobachtung maßschneidern kann. Und so bewegt sich die Theorie im Rahmen des Möglichen, bis das Gegenteil bewiesen ist.

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