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Geologie: Das Austrocknen des Aralsees hat auch geologische Folgen

Durch das fehlende Gewicht des Wassers drückt sich der Erdmantel immer weiter nach oben. Das enthüllt die Geheimnisse der tieferen Erdschichten.
Aralsee
Das Schicksal des Aralsees an der Grenze zwischen Kasachstan und Usbekistan gilt als eines der größten bislang von Menschen verursachten Umweltdesaster.

Der Aralsee war der viertgrößte Binnensee der Welt. Er bedeckte eine Fläche etwa der Größe Bayerns. Doch seit 1960 ist er dramatisch geschrumpft, weil seine Zuflüsse umgeleitet wurden, um Baumwollplantagen zu bewässern. Nun sind rund 90 Prozent des Wassers verschwunden, knapp 1000 Kubikkilometer. Das macht etwa 1000 Milliarden Tonnen weniger an Gewicht, das auf die Fläche drückt – und das hinterlässt offenbar Spuren im Erdmantel, berichten Fachleute um den Geologen Wenzhi Fan von der Universität Peking im Fachjournal »Nature Geoscience«. Die geologischen Veränderungen rund um den Aralsee ermöglichen es, die Gesteinsschichten unseres Planeten besser zu verstehen.

Für ihre Untersuchungen zogen die Forschenden Daten des Radarstelliten Sentinal-1 heran, der Teil des ESA-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus ist. Diese zeigen, dass sich die Region zwischen 2016 und 2020 um durchschnittlich sieben Millimeter pro Jahr angehoben hat. Anschließend simulierte das Team um Fan mit Hilfe der Satellitendaten die geologischen Vorgänge im Erdmantel, die zu dieser Erhöhung führten. So konnte es die Beschaffenheit der Erdschichten genauer bestimmen. Denn deren Viskosität lässt sich sonst meist nur durch Beobachtungen kurzzeitiger Ereignisse wie Erdbeben ableiten. Die Bodenbewegungen rund um den Aralsee bieten jedoch die Möglichkeit, geologische Veränderungen über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten.

Aralsee – der klägliche Rest | Vor 15 Jahren war der Ostflügel des Aralsees flächenmäßig noch der größte Abschnitt des Binnengewässers (links). Im Sommer 2014 war er endgültig verschwunden (rechts).

Wie die Fachleute in ihrer Arbeit erklären, lässt durch das fehlende Wasser der Druck auf die Asthenosphäre nach – die zweitäußerste Erdschicht, die sich in etwa 130 bis 190 Kilometer Tiefe befindet. Dadurch strömt das zähflüssige Mantelgestein dieser Schicht unter den Boden des Aralsees und hebt diesen an. Anhand der Satellitendaten ließ sich die Viskosität dieser Erdschicht ermitteln: Mit rund 4 bis 7·1019 Pascalsekunden fällt sie etwas größer aus, als bisherige Schätzungen aus Erdbebendaten nahelegten.

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  • Quellen
Nature Geoscience 10.1038/s41561–025–01664-w, 2025

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