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Hirnforschung: Durch die rosarote Brille

Das Gehirn neigt zum Optimismus.
Optimistisch trotz Regen
Auf Grund einer selektiven Informationsverarbeitung im Gehirn neigen Menschen zu unrealistischem Optimismus. So ändern wir unsere Ansichten häufig nur, wenn die Dinge sich positiver entwickeln als ursprünglich erwartet. Negativere Einschätzungen werden dagegen nicht übernommen. Das spiegelt sich auch in der neuronalen Aktivität im Gehirn wider: Informationen über Ereignisse, die besser verlaufen als erwartet, werden anders verarbeitet als unerwartete negative Informationen, haben Forscher aus Deutschland und Großbritannien herausgefunden.

Das Team um Tali Sharot vom University College London konfrontierte die Probanden in einem Gespräch mit insgesamt 80 negativen Lebenssituationen, wie beispielsweise an Alzheimerdemenz zu erkranken oder ausgeraubt zu werden. Anschließend sollten die Versuchspersonen einschätzen, für wie wahrscheinlich sie es halten, dass ihnen selbst diese Dinge in der Zukunft passieren könnten. Danach wurde ihnen die tatsächliche statistische Wahrscheinlichkeit genannt, mit der jemand mit vergleichbaren Lebensumständen in eine der genannten Situationen geraten könnte, und die Probanden wurden erneut befragt. Dabei konnten die Forscher feststellen: Schätzte beispielsweise ein Versuchsteilnehmer das Risiko an Alzheimerdemenz zu erkranken ursprünglich zu hoch ein, so übernahm er bei der zweiten Befragung die niedrigere Wahrscheinlichkeit, die dem tatsächlichen Wert sehr nahe kam. Wurde das Risiko allerdings vorher zu gering eingeschätzt, so blieb der Proband auch im Anschluss häufig lieber bei seiner ursprünglichen Einschätzung.

Mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) zogen die Forscher zudem Rückschlüsse auf die neuronale Verarbeitung der Informationen vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Dafür wurden vom Blutsauerstofflevel abhängige Signale (BOLD-Signale) in verschiedenen Hirnregionen beobachtet. Es zeigte sich, dass bei der Verarbeitung von unerwarteten positiven Ereignissen die Aktivität in bestimmten Hirnarealen zunimmt, während bei Informationen, die eher negativ überraschen, die Hirnaktivität in anderen Bereichen zurückgeht.

Die Forscher belegen damit eine optimistische Verzerrung durch die situationsbedingt unterschiedlichen Hirnprozesse. Nach Einschätzung der Forscher kann dieser der Realität nicht angemessene Optimismus zweierlei Folgen haben: Einerseits mildert er Stress und Ängste, auf der anderen Seite führt er aber auch dazu, dass manche Risiken im Alltag unterschätzt werden. (dz)

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