Arktis: Dutzende Eisbären belagern sibirische Stadt
Die Bilder zeigen einen Eisbär in einem Hausflur, ein anderes Tier auf einem Kinderspielplatz oder einen Mann, der unbeeindruckt vom nahen Raubtier spazieren geht. Das sibirische Städtchen Belushya Guba erlebt gegenwärtig eine Eisbäreninvasion wie wohl noch nie in seiner Geschichte. Das berichtet »The Siberian Times« unter Berufung auf Augenzeugen vor Ort und Wissenschaftlern. Insgesamt 52 Tiere sollen sich seit Dezember 2018 in der Siedlung aufgehalten haben; permanent streunen sechs bis zehn Tiere durch die Ortschaft und legen das tägliche Leben lahm: Eltern weigern sich, ihre Kinder in Kindertagesstätten oder Schulen zu bringen; Anwohner können nicht zum Einkaufen gehen. Angelockt wurden die Tiere wahrscheinlich von einer offenen Mülldeponie in der Nähe, wo sie nach Nahrung suchen.
Belushya Guba liegt auf der Insel Nowaja Semlja im Nordpolarmeer und diente bis 1990 als Atomwaffentestgelände. Russische Behörden warnen, dass es verboten sei, auf die bedrohten Tiere zu schießen. Schüsse in die Luft, Autohupen und Zäune hätten die Bären bislang aber weder abgeschreckt noch aufgehalten. Auf der Suche nach Nahrung dringen sie sogar in Wohnblöcke ein wie ein Video dokumentiert. In Einzelfällen sollen Menschen auch schon gejagt worden sein, Berichte über Verletzungen oder gar Todesfälle gibt es allerdings noch nicht. Spezialisten der Wildtierbehörde sollen nun in die Stadt reisen und nach einer Lösung suchen.
Warum die Tiere dieses Jahr besonders zahlreich auftreten, ist unklar. Umweltschützer vermuten einen Zusammenhang mit der schwindenden Meereisfläche im Nordpolarmeer. Die Tiere jagen dort im Winter nach Robben, die an Atemlöchern nach Luft schnappen. Fehlt das Eis, müssen sie an Land ausweichen und dort nach Fressbarem suchen – etwa Walkadaver, wo sich dutzende Tiere versammeln können. Dank strengerer Schutzbestimmungen hat sich auch die Zahl der Eisbären erhöht. Zusammen mit dem Klimawandel sorgt dies dafür, dass mehr dieser Raubtiere in den Lebensbereich der Menschen kommen.
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