Direkt zum Inhalt

Earendel: Trügt das Licht des ältesten Sterns?

Mithilfe von Gravitationslinsen können Astronomen nach den ältesten Sternen im frühen Universum suchen. Doch nun soll der derzeitige Rekordhalter Earendel kein Stern, sondern ein Sternhaufen sein. Was steckt dahinter? 
Eine Aufnahme des Weltraumteleskops, die eine Vielzahl von Galaxien in unterschiedlichen Formen und Farben zeigt, verteilt über ein dunkles, sternenübersätes Universum. Im Zentrum leuchtet ein heller Stern mit auffälligen Lichtstrahlen. Die Galaxien variieren in Größe und Helligkeit, einige erscheinen spiralförmig, andere elliptisch. Das Bild vermittelt die Weite und Vielfalt des Universums.
Es erinnert ein wenig an ein Wimmelbild: Auf dieser Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops versteckt sich der derzeit entfernteste bekannte Stern mit dem Spitznamen Earendel. Er ist so weit entfernt, dass seine Strahlung 12,9 Milliarden Jahre lang zu uns unterwegs war. Seine Entdeckung wurde im Jahr 2022 bekanntgegeben. Doch ob es sich dabei wirklich um einen einzelnen Stern handelt, wird inzwischen infrage gestellt.

Normalerweise bekommen Sterne keine Namen. Von ein paar wenigen Ausnahmen wie Sirius, Beteigeuze und Alpheratz, die besonders hell oder außergewöhnlich leuchten, einmal abgesehen, reicht es für die meisten Sterne lediglich zu einer Katalogbezeichnung. Dabei sind Namen wie HD 11086 oder Gaia DR3 2572280072765988736 für sich genommen doch bemerkenswert: Astronominnen und Astronomen können schließlich nur diejenigen Sterne in ihre Datenbanken aufnehmen, die sie als Einzelsterne beobachten können. Und das trifft bloß auf einen sehr kleinen Anteil der rund 400 Milliarden Sterne im Milchstraßensystem zu. Jenseits unserer Heimatgalaxie wird das Unterfangen schwierig bis unmöglich.

So ist die Andromedagalaxie als Nachbargalaxie der Milchstraße zwar lediglich 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt, doch Astronomen können nur die wenigsten der darin beheimateten rund eine Billion Sterne als solche beobachten. Bei noch größeren Distanzen geht selbst das hellste Sternenlicht im Glanz seiner Galaxie unter. Umso erstaunlicher scheint es, dass sich die Sterne mit den spektakulärsten Namen ausgerechnet am anderen Ende des Universums befinden. Da wäre zum Beispiel ein Blauer Überriese, den seine Entdecker auf den Spitznamen »Ikarus« getauft haben. Die Strahlung dieses Sterns war rund 9,4 Milliarden Jahre zu uns unterwegs. In den Teleskopen sichtbar werden solche Objekte nur in der explodierten Variante als Supernovae, wenn sie für kurze Zeit so hell leuchten wie eine ganze Galaxie. Ikarus ist so weit in Raum und Zeit von der Erde entfernt, dass Kosmologen und Kosmologinnen seine Entfernung üblicherweise nicht mehr mit einem Entfernungsmaß wie Lichtjahren erfassen, sondern stattdessen seine Rotverschiebung z angeben. Diese ist ein Maß für die Ausdehnung des Universums: Je größer die Rotverschiebung, desto älter und entfernter ist ein Objekt. Ikarus hat eine Rotverschiebung von 1,49.

Noch tiefer im All lauern Mothra und Godzilla. »Das sind Monster aus der japanischen Kultur«, sagt José María Diego, Astrophysiker am Physikinstitut in Cantabria in Santander (IFCA), der an der Entdeckung der beiden Sterne beteiligt war. »Godzilla ist der König der Monster. Das passt sehr gut, weil der danach benannte Stern derzeit mit einem jahrzehntelangen Strahlungsausbruch eine Art Tobsuchtsanfall hat.« Doch egal, wie monstermäßig ein Stern daherkommt, er könnte niemals so hell sein, dass er aus einer Entfernung von 10,9 Milliarden Lichtjahren noch sichtbar wäre. Die Rotverschiebung von Godzilla beträgt 2,37.

Der fernste Stern, den Astronomen bislang gefunden haben, erstrahlte vor rund 12,9 Milliarden Jahren. Das entspricht einer Rotverschiebung von 6,2 – da war das Universum erst 900 Millionen Jahre alt. Er hat den wohl erhabensten Spitznamen aller ferner Sterne: Earendel. Das Wort stammt aus dem Altenglischen und bedeutet so viel wie »Morgenstern« oder »aufgehendes Licht«. Außerdem hat J.R.R. Tolkien, der Autor des Fantasy-Epos »Der Herr der Ringe«, einen seiner Charaktere nach Earendel benannt: Eärendil reist mit einem strahlenden Juwel, so hell wie ein Stern, über den Himmel von Mittelerde.

Mit Gravitationslinsen auf der Suche nach den ersten Sternen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom NASA Goddard Space Flight Center um Brian Welch, der inzwischen am International Space Science Institute in Bern forscht, haben Earendel im Jahr 2022 mit dem Hubble-Weltraumteleskop entdeckt. Laut ihren Beobachtungen handelt es sich dabei um einen massereichen Riesenstern, der so hell wie Millionen Sonnen leuchtet. Doch auch dieses strahlende Licht von Earendel könnte niemals die kosmische Distanz von vielen Milliarden Lichtjahren zur Erde überbrücken – wenn nicht praktischerweise genau zwischen ihm und der Erde ein riesiger Galaxienhaufen liegen würde, der es verstärkt.

Jener Galaxienhaufen mit der Bezeichnung WHL0137 wirkt als Gravitationslinse. Beim Gravitationslinseneffekt wird das Licht eines im Hintergrund liegenden Himmelskörpers von einem massereichen Objekt im Vordergrund abgelenkt, gebündelt und somit verstärkt. Gravitationslinsen können Objekte als Mehrfachbilder erscheinen lassen und sie je nach Lage zu Bögen oder Ringen verbiegen. Die enorme Masse einer solchen Gravitationslinse fokussiert das Licht der Hintergrundgalaxie somit um ein Vielfaches. Zusätzlich dazu gibt es eine Zone der extremen Vergrößerung, die sogenannte »kritische Kurve«, deren genauer Verlauf im Raum von der Massenverteilung der jeweiligen Gravitationslinse abhängt. Je näher sich ein Objekt an dieser kritischen Kurve befindet, desto stärker ist seine Vergrößerung und desto heller erscheint es fernen Beobachtern. Aufgrund seiner Nähe zur kritischen Kurve erscheint Earendel laut dem Team um Brian Welch mehr als 1000-fach heller als normal.

Astronomen und Astronominnen haben es Gravitationslinsen wie WHL0137 zu verdanken, dass sie das Licht einzelner ferner Sterne wie Ikarus, Godzilla oder Earendel überhaupt entdecken können. So dürfen sie auch hoffen, dass Earendel mit seiner gigantischen Entfernung keinen ewigen Rekord als entferntester Stern aufgestellt hat, sondern dass er als kosmischer Wegweiser noch tiefer in die Vergangenheit des Universums zeigt. »Der Heilige Gral ist, die allerersten Sterne zu finden«, sagt José María Diego.

Diese sogenannten Sterne der Population III sind buchstäblich die Ursterne. Sie haben keine stellaren Vorfahren, sondern sind direkt aus dem Wasserstoff und Helium der primordialen Nukleosynthese entstanden. Als solche enthalten sie keine schweren Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff oder Eisen. Forscherinnen und Forscher suchen seit Jahren nach ihnen – bislang vergebens. »Aber ich glaube, dass es möglich sein wird, einen Stern der Population III mithilfe von Gravitationslinsen zu beobachten«, sagt Brian Welch.

Allerdings ist der Status von Earendel als Rekordhalter im August 2025 ins Wanken geraten, und das nicht etwa, weil Forschende einen noch ferneren Stern gefunden hätten. Stattdessen meldeten einige Forscher Zweifel an, ob es sich bei Earendel tatsächlich um die erhoffte Rarität eines ersten Sterns handelt – oder ob dieses »aufgehende Licht« in Wirklichkeit aus vielen Lichtern besteht und kein Einzelstern ist, sondern ein junger Sternhaufen aus Tausenden von Sternen, wie sie zu dieser Zeit im Universum üblich waren.

Strahlender Stern oder schnöder Sternhaufen?

Auf der Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops, kurz JWST, fallen Earendel und seine Galaxie erst auf den zweiten Blick auf. Das Auge entdeckt zunächst die hellleuchtenden Galaxien des Galaxienhaufens WHL0137. Erst bei genauerem Hinsehen sieht man daneben den länglichen, rötlichen Bogen der Sunrise-Galaxie (auf Englisch »Sunrise Galaxy« oder »Sunrise Arc«) sowie die kleinen, hellen Punkte entlang dieses Bogens. Einer dieser Punkte ist Earendel, Status umstritten. Links von ihm ist ein Punkt mit der Bezeichnung »1b«, von dem sich Forscher auf Basis ihrer Berechnungen sicher sind, dass es ein Sternhaufen ist. Beim Punkt rechts neben Earendel handelt es sich um denselben Sternhaufen, da er aufgrund seiner Position hinter der Gravitationslinse mehrfach erscheint.

Die Sunrise-Galaxie | Die kleinen, hellen Punkte entlang des rötlichen Bogens fallen erst beim zweiten Blick ins Auge. Einer dieser Punkte ist Earendel, Status umstritten. Links von ihm ist ein Sternhaufen mit der Bezeichnung »1b« zu erkennen.

Auf eine Entfernung von Milliarden Lichtjahren und durch eine Gravitationslinse hindurch einen Stern von einem Sternhaufen zu unterscheiden, gleicht einer besonders kniffligen Detektivaufgabe. Aus Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops hatte das Team um Brian Welch darauf geschlossen, dass es sich bei Earendel um einen Einzelstern handelt. Hinweis Nummer eins: Gravitationslinsen erzeugen üblicherweise Mehrfachbilder der dahinterliegenden Objekte – außer sie befinden sich extrem nah an der kritischen Kurve. Letzteres scheint auf Earendel zuzutreffen, da dieser nur einmal zu sehen ist. Hinweis Nummer zwei: Die extreme Nähe zur kritischen Kurve würde auch für seine starke Vergrößerung sorgen. Doch Earendel erscheint als Punktquelle, die räumlich nicht aufzulösen ist. »Das lässt vermuten, dass das Objekt sehr viel kleiner als beispielsweise unser Sonnensystem ist«, sagt José María Diego.

Folgebeobachtungen mit der Nahinfrarotkamera NIRCam des James-Webb-Weltraumteleskops zeigten, dass Earendel besonders hell im Ultravioletten erstrahlt, aber auch eine erhöhte Helligkeit im optischen Spektralbereich aufweist. Ersteres ist charakteristisch für sehr heiße, massereiche Sterne, Zweiteres für kühlere Sterne. Brian Welch sagt: »Kein einzelnes Sternspektrum kann beide Merkmale erklären.« Daher gehen die Forscher davon aus, dass es sich bei Earendel um ein Doppel- oder vielleicht um ein Mehrfachsternsystem handeln könnte, mit einem zentralen blauen Riesenstern sowie kleineren Begleitern. Laut den neuen Beobachtungen würde das Sternsystem Earendel mehr als 4000-fach vergrößert erscheinen.

»Es wäre eine unglaubliche Entdeckung, wenn Earendel ein Doppelsternsystem wäre«, sagt der Astronom Massimo Pascale von der University of California in Berkeley. »Aber dafür müsste die zufällige Ausrichtung zwischen Earendel und der Gravitationslinse ein riesiger Glücksfall sein.« Wie wahrscheinlich ist es, dass ein vergleichsweise winziges Sternsystem in der Sunrise-Galaxie sich just so nahe an der kritischen Kurve befindet, dass es derart stark vergrößert wird? Wäre die Vergrößerung kleiner, würde das bedeuten, dass Earendel selbst sehr viel größer sein könnte als ein Sternsystem – beispielsweise in etwa so groß wie der Sternhaufen mit der Bezeichnung 1b, der im Bogen der Sunrise-Galaxie direkt neben Earendel liegt.

»Wenn Earendel ein Sternhaufen ist, sieht dieser fast genauso aus, wie wir uns Kugelsternhaufen in der Milchstraße vor Milliarden von Jahren vorstellen«Massimo Pascale, Astronom

Um diese Hypothese zu überprüfen und die Spektren von Earendel und dem Sternhaufen 1b miteinander zu vergleichen, haben Massimo Pascale und seine Kolleginnen und Kollegen zusätzlich Daten des Nahinfrarotspektrometers NIRSpec des JWST ausgewertet. Das Ergebnis: Die Wissenschaftler bescheinigen dem Spektrum von Earendel eine frappierende Ähnlichkeit zu dem des Sternhaufens 1b. Statt eines massereichen Sterns mit kleinerem Begleiter handelt es sich demnach wahrscheinlich um einen jungen Sternhaufen mit Tausenden von Sternen und einem geringen Anteil an schweren Elementen. »Wenn Earendel ein Sternhaufen ist, sieht dieser fast genauso aus, wie wir uns Kugelsternhaufen in der Milchstraße vor Milliarden von Jahren vorstellen«, sagt Massimo Pascale.

Kugelsternhaufen in unserer Heimatgalaxie bestehen hauptsächlich aus alten Sternen, die nur geringe Anteile an schweren Elementen enthalten. Es gibt noch einige ungelöste Rätsel, was ihre Entstehung und Entwicklung betrifft. Ein Blick in die Vergangenheit auf potenzielle Vorgängersternhaufen könnte bei der Lösung dieser Rätsel helfen – Sternhaufen wie Earendel vielleicht? In diesem Fall würde er inzwischen vielleicht so ausschauen wie der heimische Kugelsternhaufen Messier 30 (M 30) im Sternbild Steinbock, der ungefähr so alt wie Earendel selbst ist. M 30 lässt sich übrigens gut mit einem Fernglas beobachten, das ihn dank der verbauten Linsen ein wenig vergrößert – womit wir wieder bei den Gravitationslinsen wären und der Frage, wie viel die Suche nach den fernsten und ältesten Sternen mit geometrischem Glück zu tun hat.

Hoffen auf glückliche Zufälle

Je tiefer sich die Forscher im All auf ihrer Suche nach den ältesten Sternen vortasten, desto mehr glückliche Zufälle müssen zusammenkommen.

Der erste glückliche Zufall besteht darin, eine ferne Galaxie zu finden, deren Licht durch eine Gravitationslinse zu einem Bogen langgezogen und somit verstärkt wird. Der Bogen der Sunrise-Galaxie befindet sich bei einer Rotverschiebung von 6,2. Der derzeitige Rekordhalter unter den stark vergrößerten Galaxien sind die »Cosmic Gems«, die kosmischen Juwelen, die rund 460 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind. Das entspricht einer Rotverschiebung von 10,2. Doch die »Juwelen« dieser Galaxie sind keine Sterne, sondern Sternhaufen – und selbst wenn ein Einzelstern in dieser Entfernung gefunden würde, würde es sich laut Brian Welch dabei nicht um einen Stern der Population III handeln. »Der überwiegende Teil der Population-III-Sterne ist wahrscheinlich schon viel früher entstanden, bei einer Rotverschiebung von 20 oder größer«, sagt er. Kurzum: Astronomen müssten eine stark vergrößerte Galaxie aus einer Zeit von nur 170 Millionen Jahren nach dem Urknall auftreiben.

Kosmische Juwelen | Der derzeitige Rekordhalter unter den stark vergrößerten Galaxien sind die »Cosmic Gems«, die rund 460 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind.

Der zweite glückliche Zufall besteht in jenem Umstand, den Forscher nun bei Earendel in Frage stellen: die Nähe zur kritischen Kurve, die für die nötige Vergrößerung sorgen kann, um einen Einzelstern zu identifizieren. Hier kommt allerdings das grundlegende Problem von Gravitationslinsen ins Spiel: Sie bestehen zum Großteil aus Dunkler Materie, die sich lediglich über ihre Gravitationskraft bemerkbar macht und sonst völlig unsichtbar ist. Um ihre Beobachtungen zu erklären, verwenden Wissenschaftler daher verschiedene Gravitationslinsenmodelle; aber wo die kritische Kurve genau verläuft, können sie nicht direkt erkennen. Dazu kommt, dass die Unsicherheit bezüglich des Vergrößerungsfaktors umso durchschlagender wird, je näher das Objekt der kritischen Kurve ist. »Earendel befindet sich in den meisten Modellen sehr nah an der kritischen Kurve«, sagt Brian Welch. Die Frage, ob es sich um einen Stern oder um einen Sternhaufen handelt, dürfte sich somit auch für alle neuen potenziellen Rekordhalter stellen.

»Es ist, als ob mit dem JWST eine Goldmine explodiert wäre. Es ist so viel Gold, dass wir erst mal die nächstgelegenen Klumpen aufheben, aber die größten noch gar nicht gesehen haben«José María Diego, Astrophysiker

Und es bräuchte schließlich noch einen dritten und letzten Glückstreffer, um den ältesten Sternen auf die Spur zu kommen – nämlich den, dass in dem Galaxienhaufen, der zwischen dem Methusalem-Stern und der Erde liegt, rein zufällig ein Stern oder ein Schwarzes Loch genau die Sichtlinie kreuzt und so für den sogenannten Mikrolinseneffekt sorgt. Eine Mikrolinse kann zwar nicht wie eine starke Gravitationslinse ein Objekt mehrfach erscheinen lassen oder es gar zu einem Bogen formen. Aber sie kann die Vergrößerung und damit die beobachtete Helligkeit eines weit entfernten Objekts kurzzeitig erhöhen und damit eindeutig verraten, ob es sich um einen Stern oder um einen Sternhaufen handelt. Bei einem Stern würde sie nämlich die Helligkeit deutlich erhöhen. Ist das Objekt im Hintergrund dagegen ein Sternhaufen, also deutlich ausgedehnter als die Mikrolinse selbst, wäre der Helligkeitsanstieg nicht messbar.

Aller guten Dinge sind drei?

»Mit unglaublich viel Glück könnten wir inklusive des Mikrolinseneffekts Vergrößerungen um das 10 000-Fache erreichen«, sagt Massimo Pascale. »Mit Betonung auf dem unglaublichen Glück!« Zwar sind Gravitationslinsen die einzige Möglichkeit, um überhaupt nach den ersten Sternen zu suchen, aber die erforderlichen drei glücklichen Zufälle sind nur schwer berechenbar. Deshalb ist auch unklar, ob und wann der Rekord von Earendel durch einen noch weiter entfernten Kandidaten gebrochen wird. »Ich bin sogar überrascht, dass er bislang nicht gebrochen worden ist«, sagt José María Diego. Das könne bedeuten, dass es im frühen Universum entgegen allen Erwartungen viel weniger massereiche und leuchtstarke Sterne gegeben hat als angenommen. Vielleicht ist auch die für ihre Entdeckung nötige Verkettung glücklicher Umstände zu lang.

Diego nennt eine dritte Möglichkeit: Möglicherweise versteckt sich das Licht eines noch ferneren Sterns bereits inmitten der Flut an Beobachtungsdaten, die das James-Webb-Weltraumteleskop derzeit täglich liefert. »Es ist, als ob eine Goldmine explodiert wäre«, sagt Diego. »Es ist so viel Gold, dass wir erstmal die nächstgelegenen Klumpen aufheben, aber die größten noch gar nicht gesehen haben.« In diesem Fall bräuchte es neben dem dreifachen Glücksfall bloß ein wenig Zeit, bis der neue Rekordhalter gefunden wird. Bis dahin können die Forscher sich schon einmal einen schönen Spitznamen überlegen.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

  • Quellen

Welch, B. et al., Nature 10.1038/s41586–022–04449-y, 2022

Welch, B. et al., ApJL 10.3847/2041–8213/ac9d39, 2022

Pascale, M. et al., ApJL 10.3847/2041–8213/aded93, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.