Cocktailparty-Effekt: Wie Fledermäuse im Schwarm ihr eigenes Echo erkennen

Wenn eine Fledermaus ihre Höhle verlässt, tut sie das oft zusammen mit vielen tausend Artgenossen. Dabei übertönen die Ultraschalllaute der anderen die eigenen fast vollständig. Wie es die Tiere trotzdem kollisionsfrei aus der Öffnung schaffen, hat Aya Goldshtein mit Kolleginnen und Kollegen von den Universitäten Konstanz, Tel Aviv und Jerusalem sowie dem Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie nun herausgefunden. Offenbar passen die Individuen Rufdauer und -frequenz ihre eigenen Laute derart an, dass sie sich von denen der Artgenossen unterscheiden. So erhalten sie die detailliertesten Informationen nur über jene Fledermaus, die direkt vor ihnen fliegt. Zusätzlich entfernen sie sich so schnell wie möglich aus dem dichten Kern der Kolonie.
Fledermäuse orientieren sich im Flug vorwiegend per Echoortung. Dabei stoßen sie kurze Ultraschallrufe aus und erkennen anhand des reflektierten Echos die Entfernung zu Hindernissen. Insbesondere an Höhlenausgängen kommen sich die Tiere aber so nah, dass ihre Wahrnehmung durch die Laute der anderen gestört ist. Um zu verstehen, wie sie in dieser Situation dennoch erfolgreich navigieren, befestigte das Team um Goldshtein Peilsender an 110 wild lebenden Großen Mausschwanzfledermäusen (Rhinopoma microphyllum) im israelischen Hula-Tal. Zudem versah es 16 von ihnen mit winzigen Mikrofonen. Zusätzlich nutzten die Fachleute ein Computermodell, um die akustische Szenerie aus der Perspektive einer einzelnen Fledermaus nachzuzeichnen.
Jeden Abend zwängten sich innerhalb einer Minute rund 2000 Individuen durch eine etwa drei Quadratmeter große Höhlenöffnung, darunter auch die von den Forschern markierten Tiere. Sie flogen noch mehrere Kilometer zusammen weiter, um Nahrung zu suchen. Wie das Team feststellte, waren an der Engstelle 94 Prozent der Echosignale eines Individuums gestört. Allerdings schwärmten die Fledermäuse unmittelbar dahinter auseinander, wodurch die akustische Störung durch die anderen innerhalb von fünf Sekunden erheblich abnahm. Außerdem stießen sie in dem Tumult kürzere und schwächere Rufe in kürzerem Abstand aus.
Omer Mazar, der an der Studie beteiligt war, erklärt dieses Verhalten so: Das wichtigste Objekt, das eine Fledermaus in einem unübersichtlichen Gemenge erkennen müsse, sei der Artgenosse vor ihr. Sie verändere daher ihre Rufe derart, dass sie möglichst viele Informationen über ihn erhält. Alle anderen Signale könnten ruhig gestört werden, da die Fledermaus in dem kurzen Moment nur darauf achten müsse, nicht mit dem Vordermann zusammenzustoßen.
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