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Depression: EEG soll verraten, wer auf welche Psychopharmaka anspricht

Depressive Patienten müssen oft zahlreiche Wirkstoffe austesten, bis endlich einer wirkt. Der Blick ins Hirn soll nun dem Ratespiel ein Ende machen.
Hirnstrommessung bei einer Frau

Lässt sich mit Hilfe von EEG vorhersagen, ob ein Patient auf ein Antidepressivum ansprechen wird? Wenn es nach einem Wissenschaftlerteam um Amit Etkin von der Stanford University geht, ja. Zumindest gelang es den Forschern mit relativ guter Genauigkeit vorherzusagen, wem der Einsatz des Wirkstoffs Sertralin Linderung verschaffen wird.

Möglich macht das ein lernfähiger Computeralgorithmus. Er entdeckt in den EEG-Daten subtile Muster, die einem Arzt oder einer Ärztin nicht auffallen würden.

Ihr Vorgehen schildern Etkin und Kollegen im Fachblatt »Nature Biotechnology«. Zunächst rekrutierten sie 228 unbehandelte Patienten mit schwerer Depression. Von diesen nahmen sie ein EEG im Ruhezustand und teilten sie nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein: Die einen bekamen das Antidepressivum Sertralin, die anderen ein Placebo. In den folgenden acht Wochen protokollierten sie den Verlauf der Erkrankung und ermittelten, wer auf das Medikament angesprochen hatte.

Nun hatten sie zum einen das ursprüngliche EEG vor Behandlungsbeginn und zum anderen eine Information über den Behandlungserfolg mit Sertralin. Der Computer suchte nun eigenständig in den EEGs aller Teilnehmer nach Hinweisen, die Aufschluss darüber geben würden, ob ein Teilnehmer eher empfänglich oder eher nicht empfänglich gegenüber dem Antidepressivum ist.

Dass es dem Computer tatsächlich wie erhofft gelang, die Patienten einzuteilen, deutet darauf hin, dass im EEG aussagekräftige Merkmale existieren. Welche dies sind, ist den Forschern jedoch weitgehend unbekannt – aus Sicht der Forscher ist der Algorithmus eine Blackbox, in deren innere Funktionsweise sie keinen Einblick haben. Bevor das Verfahren außerhalb der reinen Grundlagenforschung angewendet wird, muss es darum seine Leistungsfähigkeit in weiteren Überprüfungen unter Beweis stellen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Computer auch wirklich tut, was er vorgibt zu tun, und dies möglichst unter alltagsnahen Bedingungen.

Sollte das Verfahren sich dabei bewähren, könnte es sich als Alternative für die oft belastende Suche nach dem besten Medikament erweisen. Von Vorteil ist, dass EEGs vergleichsweise günstig anzufertigen sind und in der Studie trotzdem eine bessere Vorhersagekraft hatten als etwa Hightechgeräte wie Magnetresonanztomografen.

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