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News: Eiertanz

Gekocht oder roh? Das ist beim Ei oft die Frage. Durch einen kleinen Dreh lässt sie sich leicht beantworten: Während das rohe Exemplar nur träge vor sich hineiert, richtet sich die hart gekochte Variante elegant auf und dreht sich in rasanten Pirouetten. Doch warum eigentlich? Was für Hausfrauen und -männer zur täglichen Erfahrung gehört, stellt für Physiker und Mathematiker eine harte Nuss dar. Jetzt versuchten zwei Forscher das Eierrätsel zu knacken.
Bemaltes Osterei
Ei, da haben wir sie ja! Alljährlich zur Osterzeit ist Groß und Klein auf der Suche nach den kleinen, bunt bemalten, runden, zerbrechlichen Gaben des Osterhasen. Doch vielleicht hat uns der edle Spender ein Kuckucksei ins Nest gelegt, das nicht hart gekocht, sondern noch roh ist.

Mit einem kleinen Dreh kommen wir ihm schnell auf die Schliche: Lustlos eiert das bunte Ding vor sich hin und bleibt schließlich müde liegen. Offensichtlich Rohware. Dagegen verhält sich ein zweites Exemplar völlig anders: Nach einem kleinen Schubs richtet es sich auf und kreiselt elegant um die eigene Achse. Hier haben wir eine hart gekochte Variante des Hühnerprodukts vor uns.

Auf den ersten Blick dürfte das gar nicht sein. Denn schließlich wandert der Schwerpunkt des rotierenden Eis dabei nach oben und gewinnt damit potenzielle Energie. Da auch zu Ostern die Naturgesetze noch gelten sollten, muss sich unser tanzendes Ei diese Energie woanders herholen. Doch woher?

Keith Moffatt, Mathematiker von der University of Cambridge, und Yutaka Shimomura, Physiker von der Keio University, ließ der paradoxe Eiertanz keine Ruhe. Ständig auf Eiersuche plünderten sie ein halbes Jahr lang Kühlschrank um Kühlschrank und drehten und rechneten und modellierten. Hilfreich war für die beiden, dass sich bereits andere Wissenschaftler vor ihnen mit einem ähnlichen Problem beschäftigt hatten: Auch ein Stehaufkreisel richtet seinen Schwerpunkt auf, solange er sich dreht.

In beiden Fällen, Ei und Stehaufkreisel, liegt das Geheimnis in der Reibung. Die Drehung auf der Tischplatte versetzt dem Ei kleine Stöße, durch die es sich ruckartig etwas aufrichtet. Jetzt greifen Kreiselkräfte an der Symmetrieachse des Eis an. Diesen weicht das drehende Ei aus, indem es sich aufrichtet und so – wie eine pirouettendrehende Eiskunstläuferin, die ihre Arme anzieht – Rotationsenergie gewinnt.

Der Eiertanz funktioniert daher nur auf einer mäßig glatten Tischplatte, welche die richtige Reibung liefert. Ohne Reibung fehlen die aufrichtenden Stöße, und der Schwerpunkt des drehenden Eies bleibt unten. Ist die Reibung zu stark, kommt das Ei zu schnell zur Ruhe. Und beim rohen Ei absorbiert das zähflüssige Eiweiß im Innern die für das Kreiseln nötige Energie.

Einen praktischen Nutzen sehen die beiden Eierforscher in ihren Ergebnissen übrigens noch nicht. Moffatt gibt sich da durchaus bescheiden: "Ich hielt es einfach für ein nettes Problem."

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