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Botanik: Ein bisschen Afrika im Garten

Sie sind kaum wegzudenken von unseren Balkons und Gärten. Ursprünglich kommen Sonnenblumen und ihre Verwandten aber offenbar aus Afrika.
Sonnenblumen

Zehn Prozent unserer Blütenpflanzen gehören zur näheren Verwandtschaft der Sonnenblume: den Korbblütlern (Asteraceae). Diese Pflanzenfamilie ist derart groß und weit verbreitet, dass man bisher nicht wusste, wann sie einst entstanden ist und wo ihre Wurzeln liegen. Ein Forscherteam um Jennifer Mandel von der University of Memphis hat herausgefunden, dass die Korbblütler vor 42 Millionen Jahren erst in Afrika damit begonnen haben, explosionsartig neue Arten auszubilden. Darunter war auch der Vorfahr unserer Sonnenblume, berichtet die Gruppe im Fachmagazin »PNAS«.

Korbblütler gibt es heute praktisch überall auf der Welt – sogar in Wüstenregionen und der Antarktis. Sie blühen in den unterschiedlichsten Farben, Größen und Symmetrien. Der Löwenzahn gehört übrigens ebenso zur Familie wie der Kopfsalat und die Artischocke – nur dass deren Blüten kaum jemand kennt, weil man vorher ihre Blätter oder Knospen erntet.

Klar war dagegen schon, dass die frühesten Ursprünge der Korbblütler in Südamerika liegen. Zum selben Schluss gelangte das Team um Mandel, als es das Erbgut von 256 heutigen Korbblütlern untersuchte. Mittels bioinformatischer Methoden rekonstruierten die Forscher deren geografische Herkunft und ordneten die Arten in einen Familienstammbaum ein. Um diesem eine zeitliche Komponente zuzuordnen, orientierte sich das Team am Alter fossiler Blütenstaubfunde anderer Forscher. Mit Hilfe spezieller Programme rechneten Mandel und ihre Kollegen dann aus, wann die einzelnen Arten entstanden waren. Dabei entdeckte das Team, dass die ersten Korbblütler wohl etwa 40 Millionen Jahre älter sind, als man bisher annahm – nämlich um die 83 Millionen Jahre. Aus den Stammbäumen schlossen die Forscher außerdem, dass vor etwa 42 Millionen Jahren eine wahre Artenexplosion stattgefunden haben musste: mitten in Afrika.

Zuvor waren die Korbblütler von Südamerika nach Afrika gelangt – auf einer bisher unbekannten Route. Das Team um Mandel vermutet, sie hätten sich zunächst nach Nordamerika und Asien ausgebreitet. Andere Forscher meinen, sie seien – ohne Zwischenstopp in Asien – von Amerika nach Afrika ausgewandert. Sicher ist laut Mandel und ihrem Team jedenfalls, dass sich die Blütenpflanzen massiv veränderten, nachdem sie auf dem afrikanischen Kontinent angekommen waren. Die Vorfahren praktisch aller heutigen Korbblütler sind wohl damals entstanden. Während des Zeitalters des Eozäns war es auf der Erde besonders warm. Offenbar nutzten die Blütenpflanzen diese Phase, um zu florieren und sich zu spezialisieren.

Der Vorfahr unserer Sonnenblume ließ sich hingegen etwas mehr Zeit: Er entstand dort erst vor etwa 23 Millionen Jahren, im Oligozän – als es schon wieder kühler war. Bevor sie aussahen, wie wir sie kennen, gingen die gelben Blumen aber erneut auf Weltreise. Ein weiteres Sonnenblumen-Forscherteam hatte berichtet, dass mexikanische Urvölker bereits vor mehr als 4500 Jahren Sonnenblumen zu züchten begannen. Die Inkas sollen sie später sogar als Abbild ihres Gottes verehrt haben. Im 16. Jahrhundert brachten spanische Seefahrer schließlich Samen aus Nord- und Mittelamerika mit. Seither scheint die kleine Sonne mit dem botanischen Namen Helianthus – von den griechischen Wörtern »helios« für Sonne und »anthos« für Blume – auch bei uns.

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