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Veränderliche Sterne: Ein Cepheid stoppt seine Pulsation

Cepheidenschema
Schema der Pulsation eines Cepheiden | Hier ist die Pulsation von Cepheiden schematisch dargestellt. Während der Expansionsphase links sorgt die im Sterninneren aufgestaute Strahlung für das Aufblähen des Sterns, bei der Kontraktionsphase sackt der Stern wieder in sich zusammen. Seine äußeren Schichten dienen dabei als eine Art Ventil für die freigesetzte Strahlungsmenge.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat der berühmte Astronom Edwin Hubble 35 Cepheiden in der Galaxie M33 entdeckt und sie dazu benutzt, um die Entfernung der Galaxie zu bestimmen. Dies beschreibt er 1926 in seiner einflussreichen Arbeit "A Spiral Nebula as a Stellar System: Messier 33". Als langperiodischen Cepheiden hatte Hubble auch den veränderlichen Stern V19 klassifiziert, der dazumal Helligkeitsschwankungen mit einer Periode von 54,7 Tagen und einer Amplitude von 1,1 Magnituden unterlag. Neuere Ergebnisse, die an der kürzlich stattgefundenen Konferenz der "Americal Astronomical Society" Mitte Januar vorgelegt wurden, weisen darauf hin, dass V19 heute aber nicht mehr wie ein Cepheid pulsiert.

Cepheiden sind pulsationsveränderliche Sterne und spielen eine entscheidende Rolle bei der Messung der astronomischen Entfernungsskalen des Universums. Die meisten Sterne verbringen während ihrer Entwicklung einen im Vergleich zu ihrer gesamten Lebensdauer zumindest kurzen Zeitabschnitt im Cepheiden-Stadium. Während dieser Zeit pulsieren sie periodisch; blähen sich auf und schrumpfen wieder. Diese Schwingungen sind von Helligkeitsänderungen begleitet. Je länger die Periode des Lichtwechsels dauert, desto größer ist die mittlere Leuchtkraft.

Die variable Größe und Leuchtkraft von Cepheiden | Cepheiden sind periodisch veränderliche Sterne, deren Größe und Leuchtkraft regelmäßig variiert. In diesem Diagramm ist unten eine exemplarische Lichtkurve eines Cepheiden dargestellt. Am linken Rand ist die Helligkeit in relativen Einheiten aufgetragen, unten die zeitliche Entwicklung. Einem vollständigen Zyklus entspricht die Phase 1 oder 0. Der obere Teil zeigt die unterschiedlichen Größen und Helligkeiten des pulsierenden Sterns, die gestrichelten Linien verbinden ihn mit dem dazugehörigen Teil der Lichtkurve.
Diese wichtige Kopplung wird Perioden-Leuchtkraft-Beziehung genannt, auch bekannt als "Leavitt Law" zu Ehren der US-amerikanischen Astronomin Henrietta Leavitt (1861 – 1921), die diese Beziehung vor bereits einem Jahrhundert erkannte. Ist die Periode eines Cepheiden bestimmt, so lässt sich anhand der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung auch die Distanz des Veränderlichen ermitteln. Cepheiden sind folglich ein ideales Werkzeug zur Distanzbestimmung in der Astronomie.

Verschollene Cepheiden

Nach Hubbles Beobachtungen Anfang des 20. Jahrhunderts startete 1996 das Projekt DIRECT die erste moderne auf CCD-Sensoren gestützte Suche nach Veränderlichen in den Galaxien M33 und M31. Die Forscher durchmusterten ein quadratisches Sichtfeld mit einer Ausdehnung von zehn Bogenminuten im Zentrum von M33 und verglichen den so erstellten Katalog aus Veränderlichen mit bisher veröffentlichten Katalogen.

57 der 60 im durchmusterten Gebiet bekannten Cepheiden konnten die Forscher erfolgreich wiederentdecken. Von drei veränderlichen Sternen fehlte aber jede Spur. Zwei der drei verschwundenen Cepheiden gehören zu den kurzperiodischen Sternen mit einer Periode von 3,2 beziehungsweise 13,4 Tagen. Diese beiden Veränderlichen sind lichtschwach und nahe an der Nachweisgrenze. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie den Forschern entgingen.

Der dritte fehlende Veränderliche hingegen scheint ein erstaunliches Objekt zu sein. Es handelt sich hierbei um den von Hubble entdeckten und als Cepheid klassifizierten Stern V19. Hubble hatte seinerzeit eine Lichtkurve mit einer Variation von 1,1 Magnituden und einer mittleren scheinbaren Helligkeit von 19,6 Magnituden gemessen.

Die innerhalb des DIRECT-Programms erfolgten Beobachtungen enthüllten signifikante und überraschende Veränderungen der Eigenschaften von V19. Seine mittlere Helligkeit hat um eine halbe Größenklasse zugenommen, während sich die Amplitude der Pulsation auf weniger als 0,1 Magnituden reduziert hat und somit nur noch höchstens zehn Prozent der von Hubble bestimmten Größe beträgt. Die Konsequenz: V19 ist kein Cepheid mehr oder pulsiert zumindest außerhalb des fotometrisch nachweisbaren Bereichs.

Die Bemühungen, das Verhalten von Hubbles V19 zu verstehen, laufen weiter. Die aktuelle Forschung gründet sich auf Beobachtungsdaten, die vom 3,5-Meter-Teleskop des WIYN-Observatoriums (Wisconsin, Indiana, Yale and NOAO) und vom 1,3-Meter-RCT (Robotically Controlled Telescope) geliefert werden. Das RCT wird von einer Gruppe bestehend aus Universitäten und Forschungsinstitutionen betrieben. Fotometriemessungen am RCT bestätigen die 2001 in "The Astrophysical Journal" veröffentlichten Ergebnisse des DIRECT-Projekts (siehe Weblink). Der Cepheid V19 scheint tatsächlich keiner mehr zu sein.

Rahel Heule

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  • Quellen
Presseinformation der Villanova-Universität vom 13. Januar 2011

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