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News: Ein Film sagt mehr als tausend CDs

Von Lochkarten über Disketten bis hin zu CD-ROMs: die Möglichkeiten zur Datenspeicherung entwickeln sich kontinuierlich weiter. Ob in Zukunft auf Tesa-Film oder anderen Materialien geschrieben wird, bleibt abzuwarten. Amerikanische Forscher halten dünne organische Filme für die kommende Generation von Datenträgern. An einem Labormodell konnten sie dessen elektrische Leitfähigkeit reversibel zwischen zwei Zuständen hin und her schalten. Damit erreichten sie zum ersten Mal die zum 'Schreiben' und 'Löschen' benötigte Umkehrbarkeit auf Molekülebene.
Schon seit geraumer Zeit können Forscher Veränderungen in der Leitfähigkeit eines dünnen Films induzieren – was ein Äquivalent zum "Schreiben" darstellt- sagt Karl Sohlberg, ein Theoretiker am Oak Ridge National Laboratory (ORNL) in Tennessee. Aber da sie Wärme- oder Laserimpule verwenden, können sie die Daten nicht wieder "löschen", ohne große Regionen des Filmes zu leeren.

Organische Verbindungen haben das Interesse von Spezialisten für Datenspeicherung geweckt, weil sie eine unglaubliche Speicherkapazität aufweisen. Eine typische CD-ROM kann 108 Bits pro Quadratzentimeter fassen. Der dünne Film, der von der ORNL-Gruppe und ihren Kollegen von der Chinese Academy of Science in Peking und der University of Chicago entwickelt wurde, kann dagegen 1014 Bits pro Quadratzentimeter speichern, was einen millionenfachen Zuwachs darstellt (Physical Review Letters vom 21. Februar 2000). Sohlberg ist der Ansicht, dass die Datenspeicherung auf Basis organischer Verbindungen den Ingenieuren enormes Kopfzerbrechen bereiten wird, da sie Maschinen entwickeln müssen, die schnell genug sind, diese Materialien zu beschreiben und wieder abzulesen, "aber das ist das Problem der Techniker".

Das Team fertigte Filme aus einem Komplex zweier organischer Moleküle auf einer Grafitoberfläche an. Diese setzten sie mit einem Rastertunnelmikroskop einer Reihe verschiedener Spannungen aus und stellten fest, dass die Filme bei 3,2 Volt einen Sprung in der elektrischen Leitfähigkeit durchmachten, bei dem der Widerstand sich um den Faktor 104 änderte. Die Umwandlung geschah in nur 80 Nanosekunden.

Die Wissenschaftler konnten die Veränderung wieder umkehren, indem sie für 50 Mikrosekunden einen Spannungsimpuls entgegengesetzter Polarität von -4,5 Volt anlegten. Da die Verbindung ein permanentes elektrisches Dipolmoment besitzt, nehmen die Forscher an, dass der elektrische Schreib-Impuls eine Reorientierung des Dipols und eine lokale Störung im Film bewirkt und somit einen leitfähigen Zustand hervorruft. "Die Moleküle werden alle verdreht und aus ihrer eigentlichen Position gebracht", erklärt Sohlberg. Der Lösch-Impuls dagegen stellt die Ordnung wieder her und bringt den Film in seinen ursprünglichen Zustand mit hohem Widerstand zurück. Die Forscher testeten ihre Hypothese mit dem Rastertunnelmikroskop und fanden heraus, dass der nicht leitende Film kristallin, der leitfähige dagegen amorph war. Der nächste Schritt ist die Entwicklung von Materialien, die einen maximalen Sprung in der Leitfähigkeit zeigen, sagt Sohlberg.

Tobin Marks von der Northwestern University in Evaston, Illinois, gibt zu bedenken, dass die wichtige Frage, ob die einmal beschriebenen Regionen auch stabil sind, noch ungeklärt ist. Wenn im Laufe der Zeit die induzierte Leitfähigkeit durch Diffusion verwischt, könnten die dünnen Filme ihre Fähigkeit, Daten zu speichern, verlieren.

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