Vor 40 Jahren ging das 100-Meter-Radioteleskop bei Effelsberg in der Eifel in Betrieb.
Es wird vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie betrieben. Es half vor
Jahren bei der Entdeckung des Wassermoleküls jenseits der Galaxis und mit seiner
Hilfe fanden Astronomen Wasser in der größten bekannten Entfernung. Jüngst
stießen die Bonner Astronomen auch auf Wasserstoffperoxid, einem Schlüsselmolekül
zum Verständnis der Abläufe zur Bildung von Wasser.
Das 100-Meter-Radioteleskop bei Effelsberg
in der Eifel spielt bei der Erforschung
von Wasser im Universum eine
wichtige Rolle – und das vor allem, wenn es
um seinen Nachweis in sehr großen
Entfernungen
jenseits unserer Galaxis geht. Im Jahr 1977 entdeckte
eine Forschergruppe vom Max-Planck-Institut
für Radioastronomie (MPIfR) in
Bonn sowie der Sternwarten in Hamburg
und Meudon in Frankreich mit diesem
größten Radioteleskop Europas das Wassermolekül
erstmals außerhalb unseres
Milchstraßensystems. Sie fanden es in der
knapp drei Millionen Lichtjahre von uns
entfernten Galaxie Messier 33 im Sternbild
Dreieck.
Mehr als 20 Jahre später schoben Astronomen
diesen Entfernungsrekord um ein Vielfaches
weiter hinaus – und wiederum
war das 100-Meter-Radioteleskop beteiligt. Diesmal wiesen sie
Wasser im Zentralbereich der aktiven Galaxie
3C 403 in rund 750 Millionen Lichtjahren
Entfernung nach. Die Molekülstrahlung
wird dabei durch den Maser-Effekt
(Microwave Amplification by Stimulated
Emission of Radiation – das Äquivalent eines
Lasers im Bereich von Radiowellen) so
weit verstärkt, dass sie sich auch über diese
großen Entfernungen noch nachweisen
lässt. Als Quelle
für Wasser-Maser in den weit entfernten
Galaxien nehmen die Forscher heißes Gas
und Staub an, die sich in einer Materie aufsammelnden
Scheibe befinden, der Akkretionsscheibe:
Diese umrunden die sehr
massereichen Schwarzen Löcher im Zentrum
der Galaxien in geringem Abstand.
Radioteleskop Effelsberg | Unweit des zu Bad Münstereifel
gehörenden Eifelstädtchens Effelsberg
erhebt sich das größte europäische
Radioteleskop mit einem Reflektordurchmesser
von 100 Metern aus einem
Tal, in dem es vor Störstrahlung
weit gehend geschützt ist.
Und schließlich gelang es einer Forschergruppe
unter der Leitung der italienischen
Astronomin Violette Impellizzeri,
die zur Zeit der Veröffentlichung Doktorandin
am MPIfR war, ebenfalls mit dem
Effelsberger Radioteleskop Wasser in der
bisher größten bekannten Entfernung im
Universum nachzuweisen: Das Wassermolekül wurde
im Quasar MG J0414+0534 entdeckt, in einer Entfernung, die der Lichtlaufzeit von rund
11,1 Milliarden Jahren entspricht – der Rückschau
in eine Zeit, als das Universum nur ein
Fünftel seines heutigen Alters hatte.
Das Wasser in MG J0414+0534 ist vermutlich
Bestandteil von Gas- und Staubwolken,
die auf ein extrem massereiches
Schwarzes Loch im Zentrum dieses weit
entfernten Quasars einströmen.
Diese Entdeckung von Wasser im frühen
Universum wurde dadurch begünstigt,
dass der Quasar MG J0414+0534 am
Himmel zufällig in der gleichen Richtung
steht wie eine Vordergrundgalaxie in geringerer
Entfernung. Diese wirkt wie ein
gewaltiges kosmisches
Teleskop: Ihre
Schwerkraft verstärkt das Licht des Quasars
und verzerrt es gleichzeitig derart,
dass vier separate Abbildungen des Quasars
sichtbar werden. Ohne diesen Gravitationslinseneffekt
hätte das 100-Meter-Teleskop
volle 580 Tage Messzeit benötigt, um die Strahlung des Wassermoleküls
sichtbar zu machen – so jedoch reichten lediglich
14 Stunden dafür aus.
Und noch ein weiterer glücklicher Umstand half
beim erfolgreichen Nachweis des Wassers dort: Die Rotverschiebung dieser Galaxie ist gerade
so groß, dass die Strahlung des Wassermoleküls
von der ursprünglichen Frequenz
von 22 Gigahertz auf rund sechs Gigahertz
verschoben wird, und damit in den
Frequenzbereich des am Effelsberger Radioteleskop
eingesetzten Sechs-Gigahertz-
Empfängers gelangt.
Das Signal entspricht einer Leuchtkraft
vom 10 000-Fachen der Sonnenleuchtkraft,
und das in nur einer einzigen Spektrallinie.
Man kennt solche astrophysikalischen
Maserquellen aus Gebieten mit heißem
dichten Staub und Gas. Der Nachweis des
Wassers in MG J0414+0534 zeigte erstmals
eine derart dichte Gaswolke in der Frühzeit
des Universums. Die Bedingungen zur Bildung
und zum Fortbestehen des Wassermoleküls
mussten also bereits zu einer
Zeit nur 2,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall
vorgelegen haben.
Die Entdeckung des Wasserstoffperoxids
Die Erforschung von Wasser im Universum
ist nicht zuletzt für die Entstehung des
Wassers auf unserer Erde von Interesse. Die
Wissenschaftler nehmen an, dass ein überwiegender
Anteil davon im
Weltall entstanden ist, und sie sind sehr daran
interessiert zu verstehen, wie dieser
Prozess ablief. In diesem Zusammenhang
stellt Wasserstoffperoxid (H2O2) ein Schlüsselmolekül
sowohl für Astronomen als
auch für Chemiker dar. Seine Bildung ist
eng mit zwei anderen, sehr vertrauten Molekülen
verbunden, nämlich molekularem
Sauerstoff (O2) und Wasser (H2O).
Sternentstehungsregion Rho Ophiuchi | Rund 400 Lichtjahre von der Erde entfernt steht die Sternentstehungsregion
Rho Ophiuchi im Sternbild Schlangenträger. Hier fanden
Astronomen des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie erstmals
Moleküle von Wasserstoffperoxid H2O2.
Beide
Moleküle wiederum sind unverzichtbare
Voraussetzungen für die Entstehung von
Leben, zumindest solchem, wie wir es auf
der Erde kennen. Zum ersten Mal ließen
sich nun Moleküle von Wasserstoffperoxid im interstellaren Raum nachweisen. Das Forscherteam um den
Schweden Per Bergman und Bérengère Parise
vom MPIfR identifizierte die charakteristische
Signatur von Wasserstoffperoxid
im rund 400 Lichtjahre von der Erde entfernten
Sternentstehungsgebiet Rho Ophiuchi
im Sternbild Schlangenträger.
Dort befinden sich mit einer Temperatur
von rund minus 250 Grad Celsius extrem kalte
und dichte Gas- und Staubwolken, in denen
neue Sterne geboren werden. Diese
Wolken bestehen überwiegend aus Wasserstoff
und sind versetzt mit Spuren anderer
Elemente und Chemikalien. Dadurch
stellen sie erstklassige Zielorte bei der Jagd
nach Molekülen im interstellaren Raum
dar. Der Nachweis von Wasserstoffperoxid
ist extrem schwierig, da von Laborexperimenten
zwar bekannt ist, bei welcher Wellenlänge
dieses Molekül strahlt (rund 22 Gigahertz), aber seine Häufigkeit liegt nur
bei einem Zehnmilliardstel der Häufigkeit
von Wasserstoffmolekülen.
Quasar APM 08279+5255 | Diese künstlerische Darstellung zeigt den Quasar APM 08279+5255, in dessen Umfeld Astronomen riesige Mengen Wasserdampf entdeckt haben.
Zur Entdeckung
solch geringer Spuren waren daher
sehr sorgfältige Messungen erforderlich.
Den gängigen Theorien nach bildet sich
Wasserstoffperoxid im Weltraum auf der
Oberfläche von Staubkörnern, also sehr
feinen Partikeln, die Sand oder Ruß ähneln.
Dabei verbindet sich atomarer Wasserstoff
(H) mit Sauerstoffmolekülen (O2).
Eine weitere chemische Reaktion des Wasserstoffperoxids
mit Wasserstoff kann
dann zur Entstehung von Wasser (H2O)
führen. Allein schon der Nachweis von
Wasserstoffperoxid trägt somit zum besseren
Verständnis der Entstehung von
Wasser im Universum bei. Seine Entdeckung
mit APEX dürfte belegen, dass kosmischer
Staub die bisher fehlende Zutat in
diesem Prozess darstellt.
Zurzeit ist noch nicht bekannt, wie sich
einige der wichtigsten irdischen Molekülarten
im Weltraum bilden. Bérengère Parise
beschäftigt sich im Rahmen ihrer Emmy-
Noether-Forschungsgruppe zur Sternentstehung
und Astrochemie damit, auf
welche Weise sich die Prozesse zur Entstehung
dieser wichtigen Moleküle miteinander
in Verbindung bringen lassen.
Vermutlich werden auch in Zukunft Beobachtungen
mit beiden Teleskopen des
Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie,
dem 100-Meter-Radioteleskop
in der Eifel und dem Zwölf-Meter-Teleskop
APEX in Chile, für die Erforschung solcher
Prozesse von Bedeutung sein.
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