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News: Ein Gen-Bier für die gute Blume

Da steht es vor Ihnen: ein schlankes Glas mit Stiel, gefüllt mit einer durchscheinenden, bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Die Luftblasen steigen im Glas langsam nach oben, wo sie sich zu einer wunderschönen Krone aus weißem Schaum zusammenschließen. Ganz leicht neigt sich die Blume zur Seite und ein schmales Rinnsal fließt seicht am Glas herab ... - Bekommen Sie da nicht Appetit? Falls nicht, haben Sie ein Problem weniger, denn dann ist es Ihnen auch egal, ob die appetitliche Krone zusammenfällt. Alle anderen sollten vielleicht wissen, dass der Grund für den Schaum ein Protein aus der Gerste ist. Dieses Protein ist fettlöslich, weshalb Sie es tunlichst unterlassen sollten, alle die Dinge zum Bier zu verzehren, die dazu besonders gut schmecken. Denn die enthalten meistens Fett - den Feind Nummer eins für die weiße Blume.
Bier sieht eigentlich nur so lange gut aus, wie eine vollkommene Schaumkrone auf ihm thront. Doch dieser Schaum ist sehr empfindlich: ein wenig Fett von Chips oder einem Lippenstift und schon fällt die ganze Pracht zusammen. "Die Grundlage des Schaumes auf dem Bier ist das LPT1-Gen", sagt Ulf Stahl von der Technischen Universität Berlin. Das Gen stammt aus der Gerste und codiert für ein Protein, das sich nur in Fett und heißem Wasser löst. Die Gerste wird aber für den Brau-Prozess mit Wasser vermischt. Auf diese Weise zwingt man das Protein zum Kontakt mit dem ihm unangenehmen Stoff. Um dem Dilemma zu entkommen, bildet es dünne Filme um Kohlendioxidblasen, die in dem Gebräu nach oben steigen. Und die ummantelten Blasen sammeln sich auf dem Bier zur sogenannten Blume.

"Schmiere ist der Feind des Schaumes", sagt John Hammond vom Brewing Research International in Surrey. Die Proteine fühlen sich in den Filmen wie auf einer Streckbank. Da lösen sie sich doch lieber in jedem noch so kleinen Fettfleck, mit dem Erfolg, dass der Schaum zusammensackt. Das ist der Grund, warum Biergläser so extrem sauber sein müssen, erklärt Hammond.

Ein weiteres Problem für die Brauer ist der unterschiedliche LPT1-Gehalt der Gerste. "Sie enthält in trockenen Sommern mehr LPT1-Gen als in feuchten", sagt Stahl. So kann es auch passieren, dass eine Fuhre des Bieres eine gute Blume auf dem Glas erzeugt und die andere eine schlechte. Stahl kam auf die Idee, die Brauhefe künstlich mit dem LPT1-Gen anzureichern. Und es hat funktioniert: Das Gen produzierte so viel Proteine, dass "das Bier unabhängig von der Qualität der Gerste einen stabilen Schaum hatte", so Stahl. Er plant, sein erstes Gen-Bier im Herbst zu brauen, doch rechnet er nicht damit, dass sein Bier in den nächsten Jahren in Produktion gehen kann. Die Ablehnung der deutschen Bevölkerung gegen genmanipulierte Nahrung ist doch zu groß. "Inoffiziell sind die Brauer allerdings schon interessiert", so Stahl. – In einigen Jahren, wenn sich die Vorbehalte gelegt haben, sieht das vor einer Stunde gezapfte Bier also wohl nicht mehr so labberig aus, wenn es beim Durstigen ankommt.

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