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News: Ein gespanntes Verhältnis

Synapsen heißen die Schaltelemente unseres Nervensystems. Hier werden die elektrischen Signale der Nervenzelle in chemische umgewandelt. Dabei scheint ein katapultartiges Protein eine Schlüsselrolle zu spielen. Normalerweise ist das "Katapult" namens Syntaxin geschlossen, doch sobald es "gespannt" wird, entlässt die Synapse Neurotransmitter, die das Signal an die Nachbarnervenzelle weiterreichen.
"All unsere Gedanken und Erinnerungen sind in den Verbindungen des Gehirns verschlüsselt, und diese Verbindungen sind meistens chemischer Natur." Auf diese Kurzform fasst Erik Jorgensen die Leistungen unseres Gehirns zusammen. Der Neurobiologe von der University of Utah zielt auf die Verschaltung von Nervenzellen über so genannte Synapsen ab. An diesen Verbindungsstellen kommunizieren die Nervenzellen miteinander, indem sie ein elektrisches in ein chemisches Signal umwandeln: Sobald das elektrische Signal die Synapse erreicht, öffnen sich Calcium-Kanäle der Zellmembran. Der darauf folgende Calciumeinstrom veranlasst die Nervenzelle, Neurotransmitter in den synaptischen Spalt auszuschütten. Dies geschieht, indem die mit Neurotransmittern gefüllten kleinen Bläschen – die synaptischen Vesikel – mit der Zellmembran verschmelzen und dabei ihre Ladung nach außen geben. Die Neurotransmitter wandern dann über den synaptischen Spalt zur Nachbarzelle. Hier binden sie an Rezeptoren auf der Zelloberfläche der Nachbarzelle, öffnen dadurch Ionenkanäle, sodass Ionen in die Zelle einströmen und damit wieder ein elektrisches Signal auslösen, das weitergeleitet wird.

So weit die Theorie. Doch was veranlasst die Vesikel, die Neurotransmitter abzugeben? Dieser entscheidende Schritt stellt die Wissenschaftler immer noch vor ungelöste Rätsel. Verschiedene Proteine werden zwar verdächtigt, hierbei eine Rolle zu spielen, der genaue Ablauf bleibt jedoch schleierhaft.

Janet Richmond, Robby Weimer und Erik Jorgensen, namens UNC-13 und Syntaxin, haben sich jetzt zwei dieser Proteine näher angeschaut. Als Versuchstier diente ihnen der Nematode Caenorhabditis elegans. Sein einfach gebautes Nervensystem macht den nur einen Millimeter langen Fadenwurm zu einem beliebten Studienobjekt von Neurobiologen.

Die Wissenschaftlern vermuteten bereits, dass eine Konformationsänderung des in der Zellmembran liegenden Syntaxins der entscheidende Schritt sein könnte. Die äußere Gestalt dieses Proteins erinnert an ein Katapult, das normalerweise geschlossen ist. Wenn sich das Protein jedoch öffnet, dann gibt die Nervenzelle Neurotransmitter in den synaptischen Spalt ab. Dabei scheint das Protein UNC-13 eine wichtige Rolle zu spielen, denn ohne dieses Protein bleibt Syntaxin geschlossen.

Die jetzigen Ergebnisse zeigen, dass Syntaxin mit UNC-13 Hand in Hand arbeitet. Sobald Calcium in die Nervenzelle einströmt, wird UNC-13 aktiv: Es bindet an Syntaxin und öffnet es – das "Katapult" wird gespannt. In dieser gespannten Form bindet Syntaxin wiederum die Vesikel, die mit Neurotransmittern beladen sind, und veranlasst sie, mit der Zellmembran zu verschmelzen und damit ihre Last nach außen abzugeben.

Dabei scheint die Aktivität von UNC-13 direkt mit der Stärke des einlaufenden Nervensignals korreliert zu sein: Je stärker das Signal, desto mehr "Katapulte" aktiviert UNC-13 und desto mehr Neurotransmitter gibt die Nervenzelle daraufhin frei. "Dieses Protein könnte eines der Schlüsselproteine sein", fasst Jorgensen seine Ergebnisse zusammen, "das die Verbindungen der Nervenzellen des Gehirns verstärkt, sodass Erinnerungen gespeichert werden."

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  • Quellen
University of Utah
Nature 412: 338–341 (2001)

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