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News: Ein Motor aus RNA

Von der Ribonucleinsäure ist bekannt, daß sie als Überträger der Erbinformation vom Zellkern zu den Orten der Proteinsynthese wirkt, am Verknüpfen der Aminosäuren beteiligt ist und daß sie sich wie ein Enzym selbst schneiden kann. Neu ist ihre Funktion als Motor, mit dem bestimmte Viren ihre DNA in die Proteinhüllen spritzen.
Peixuan Guo, Professor für Molekularvirologie an der Purdue University, hat herausgefunden, daß ein Virus – der Bakteriophage Phi 29 – sechs in Form eines Sechsecks angeordnete RNA-Moleküle als Motor verwendet, um die virale DNA in die Proteinhülle zu transportieren. Seine Erkenntnisse wurden in der Juliausgabe 1998 von Molecular Cell veröffentlicht und in einem Übersichtsartikel in Cell vom 24. Juli 1998 besprochen.

"Alle linearen doppelsträngigen DNA-Viren, einschließlich Herpes-Viren, Adenoviren, Pockenviren und die doppelsträngigen DNA-Bakteriophagen, packen ihre genomische DNA in eine vorgeformte Proteinhülle", sagt er. "Einzigartig bei Phi 29 ist, daß es das erste Virus ist, das RNA als Komponente der Maschinerie benutzt, die diesen Prozeß antreibt." Der Transport großer Moleküle, wie DNA und RNA, durch Barrieren wie Zellmembranen ist ein häufiger Vorgang in biologischen Systemen. Aber es gehört zu den komplexesten und schwierigsten dieser Prozesse, wie Viren ihr Erbmaterial in die äußere Hülle bringen.

Bereits 1987 entdeckte Guo diesen Typ von "Transport"-RNA und lieferte die ersten Hinweise dafür, daß RNA eine wichtige Rolle bei der Verpackung von DNA in Phi 29 spielt. Die neue Art der RNA wurde als "pRNA" für "packaging RNA" bezeichnet. Spätere Arbeiten von Guo und anderen haben seither die Existenz der pRNA bestätigt und ihre molekulare Struktur ergründet.

In seiner neuesten Studie zeigt Guo, wie die pRNA-Molekülen sich zu einem Hexagon zusammenlagern und wie dieses Sechseck die DNA nach dem Prinzip Bolzen und eine Schraube durch die Öffnung treiben könnte. "Das RNA-Sechseck ist wie ein Bolzen, der in die fünfseitige virale Hülle eingebettet ist, und die DNA ist gewunden wie eine Schraube", erklärt er. "Weil die DNA wie eine Schraube gewunden ist, stellen wir uns vor, daß sie sich durch das RNA-Portal windet und dreht, und ein derartiger fünffach/sechsfach-Versatz würde die Rotation erleichtern."

Guo spekuliert, daß die Kraft, die diese Aktion antreibt, wahrscheinlich aus der Kontraktion und Relaxation der sechs RNA-Moleküle stammt, die ähnlich wie ein Sechszylindermotor nacheinander "feuern". Seiner Auskunft nach gibt es bereits erste experimentelle Bestätigungen für diese Hypothese.

Anstelle von Benzin verwendet die DNA-Packmaschine ATP als Energielieferant. Dieses Molekül kommt in allen lebenden Zellen als Transportmittel für Energie vor. "ATP liefert Energie, um die langgestreckte DNA mit erstaunlicher Geschwindigkeit in den begrenzten Raum innerhalb des Prokapsids zusammenzudrängen", sagt er.

Phi 29 ist zwar das erste Virus, von dem bekannt ist, daß es RNA als Motor verwendet. Es enthalten aber weitere verwandte Bakterien-Viren ebenfalls pRNA. Darüberhinaus, so spekuliert Guo, könnten einige RNAs eine ähnliche Funktion in Tier- oder Menschenzellen wahrnehmen.

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