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Quanteneffekt: Und es wurde Feststoff aus Licht

In manchen Quantenzuständen verhalten sich Materialien wie ein Festkörper und eine Supraflüssigkeit zugleich. Einen solchen Suprafestkörper haben Forschende nun aus Licht erzeugt.
Abstrakte digitale Darstellung mit grünen und gelben Linien, die sich in einem dreidimensionalen Raum kreuzen. Die Linien bilden ein Gittermuster, das sich in die Tiefe des Bildes erstreckt, und erzeugen den Eindruck von Bewegung und Energie. Der Hintergrund ist dunkel, wodurch die leuchtenden Linien hervorgehoben werden.
Die Frage, ob Licht fest oder flüssig ist, scheint völlig absurd. Und doch kann es manchmal beides sein.

Unserer alltäglichen Erfahrung nach sind Objekte entweder fest, flüssig oder gasförmig. In der Quantenwelt sind darüber hinaus noch völlig andere Zustände möglich: In einem Suprafestkörper sind die Teilchen beispielsweise wie bei einem Festkörper in einer regelmäßigen Kristallstruktur angeordnet, zugleich können sie aber wie eine Flüssigkeit gemeinsam in eine Richtung fließen – und zwar reibunsgfrei!

Solche Suprafestkörper (ein Kofferwort aus Supraflüssigkeit und Festkörper) realisierte man in der Vergangenheit meist mit ultrakalten Atomen: In solchen Experimenten wurden die einzelnen Teilchen durch Laser gezielt so platziert und angeregt, dass sie das seltsame Verhalten an den Tag legen. Doch nun ist es Forschenden um Dimitrios Trypogeorgos vom italienischen Consiglio Nazionale delle Ricerche Nanotec in Lecce gelungen, einen solchen Quantenzustand aus Licht zu erzeugen. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift »Nature« veröffentlicht.

Für ihren Versuch beschienen die Fachleute einen Halbleiter aus Aluminiumgalliumarsenid mit einem Laser. Die Photonen des Laserlichts wechselwirken auf komplizierte Art und Weise mit den Elektronen im Halbleiter und bilden so genannte Polaritonen. Dabei handelt es sich nicht um neue Elementarteilchen, sondern um Anregungen im Material, die sich ähnlich wie ein Teilchen verhalten – Physiker sprechen daher von Quasiteilchen. Diese kann man sich wie eine jubelnde Menge in einem Stadion vorstellen, die eine La-Ola-Welle macht. Die kollektive Bewegung lässt sich als Welle beschreiben, auch wenn sie eigentlich aus zahllosen einzelnen Armen besteht, die sich heben und senken. So ist es auch bei den Photonen und den Elektronen im Halbleiter: Statt sie mühselig einzeln zu untersuchen, ist es sinnvoller, sie durch Quasiteilchen – in diesem Fall Polaritonen – zu beschreiben.

Durch die Struktur des genutzten Halbleiters ordneten sich die Polaritonen in einer regelmäßigen Struktur auf dem Material an. Zudem wiesen die Forschenden durch gezielte Messungen nach, dass sich die Quasiteilchen reibungsfrei bewegen können und somit einen Suprafestkörper bilden. »Das stellt eine neue und flexible Plattform für die Untersuchung der Physik der Suprafestkörper dar«, schreiben die Fachleute in ihrer Veröffentlichung. Damit haben sie nun eine neue Möglichkeit, den geheimnisvollen Quantenzustand zu enträtseln – und zu untersuchen, welche Geheimnisse die Quantenwelt darüber hinaus noch zu bieten hat.

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  • Quellen
Nature: 10.1038/s41586–025–08616–9, 2025

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