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Gentechnik: Ein RNA-Schalter für die Immunzell-Vermehrung

T-Lymphozyt des Menschen
Künstlich erzeugte Immunzellen mit spezifischer Aktivität gegen bestimmte Antigene haben großes Potenzial gegen Tumoren oder bislang nur schwer zu bekämpfende Infektionen. Ihr großer Nachteil ist allerdings, dass sie entweder sehr schnell wieder aus dem Körper verschwinden, statt dauerhaft den Feind zu bekämpfen, oder aber durch ihre unkontrollierte Vermehrung selbst ein Krebsrisiko darstellen. US-amerikanische Forscher haben jetzt eine Möglichkeit gefunden, die Vermehrung künstlicher T-Zellen von außen zu kontrollieren: Dank eines RNA-Schalters, den das Team um Christina Smolke von der Stanford University aus der synthetischen Biologie geborgt hat, vermehren sich die Zellen nur dann, wenn sie konstant mit dem kleinen Molekül Theophyllin versorgt werden.

Die Vermehrung der T-Zellen wird von zellulären Signalstoffen kontrolliert, unter anderem dem Zytokin Interleukin-2. Die Wissenschaftler brachten ein Gen für dieses Molekül in T-Zell-Linien von Mäusen und Menschen ein, so dass diese Zellen das Molekül produzieren konnten und so ihre eigene Fortpflanzung stimulierten. Zusätzlich hängten sie an dieses Gen jedoch die Sequenz für drei verschiedene RNA-Schalter an – die werden aktiv, sobald das Gen abgelesen und in mRNA übersetzt wird.

Jeder Schalter besteht aus zwei Komponenten: Einerseits einer Sensordomäne, die das Molekül Theophyllin erkennt und es selektiv bindet, und zum anderen einer daran gekoppelten Ribozym-Domäne, die ihren eigenen RNA-Strang in Stücke schneiden kann. So lange Theophyllin vorhanden ist, zwingt es die Sensordomäne in eine Form, die die Ribozym-Domäne blockiert. Dadurch kann die mRNA von der Zelle in das fertige Zytokin übersetzt werden und das Signal zur Vermehrung geben. Fehlt jedoch das Theophyllin, zerschneidet sich der RNA-Schalter selbst, die mRNA geht entzwei und wird abgebaut, ohne jemals ins Protein übersetzt zu werden – und die Zelle stirbt ohne Nachkommen.

Obwohl der Schalter ursprünglich an der Bierhefe entwickelt wurde, konnten die Forscher zeigen, dass er sowohl in Zelllinien von Mäusen als auch von Menschen funktioniert. Anhand lebender Mäuse demonstrierten sie, dass sie die Vermehrung der so behandelten T-Zellen auch im Organismus durch externe Gaben des Signalmoleküls steuern konnten. Der Ansatz ist potenziell für eine große Bandbreite von Anwendungen von Interesse – der Schalter ist modular aufgebaut, so dass einzelne Komponenten durch andere ersetzt werden können, ohne die Funktion des Gesamtsystems zu beeinflussen. (lf)

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  • Quellen
Smolke, C. et al.: Genetic control of mammalian T-cell proliferation with synthetic RNA regulatory systems. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the U.S.A. 10.1073/pnas.1001721107, 2010.

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