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News: Ein Schalter fürs Alter

Ein Taufliegenleben ist kurz: Im Durchschnitt nur 37 Tage schwirren die kleinen Insekten umher. Aber ein einziges mutiertes Gen lässt sie bis in ein hohes Alter von 70 Tagen rüstig und fidel bleiben. Damit gesellen sie sich zu einigen anderen Organismen, bei denen Forscher das Leben mithilfe genetischer 'Schalter' schon verlängern konnten. Dürfen nun also auch wir Menschen darauf hoffen? Dazu ist es wohl doch noch zu früh, meinen die Wissenschaftler.
Zu den ältesten Träumen der Menschheit gehört die ewige Jugend. Wir leben zwar immer länger, aber früher oder später holen uns dann doch die ersten Altersbeschwerden ein. Da hat es der Fadenwurm Caenorhabditis elegans deutlich einfacher: Wenn Forscher bei ihm bestimmte Gene verändern, können sie seine Lebensspanne um die Hälfte verdoppeln.

Auch die Taufliege Drosophila melanogaster, ein beliebter Modellorganismus der Genetiker, besitzt solche "Schalter" für ihre Lebenszeit. Stephen Helfand und seine Kollegen vom University of Connecticut Health Center haben nun rein zufällig einen weiteren entdeckt (Science vom 15. Dezember 2000).

Als die Forscher Taufliegen für ihre Experimente züchteten, stellten sie fest, dass einige der Tiere deutlich älter wurden als ihre Artgenossen. Auf der Suche nach der Ursache stieß Helfands Team auf eine Mutation in einem Gen, das sie auf den Namen "Indy" tauften – eine Abkürzung für den Ausspruch "I'm not dead yet" aus Monty Pythons Film "Die Ritter der Kokosnuss". Trugen die Fliegen nur ein mutiertes Gen, verlängerte sich ihre Lebensspanne von den üblichen etwa 37 Tagen auf bis zu 70 Tage. Dabei entwickelten sie sich keineswegs zu altersschwachen Methusalems, sondern blieben immer noch äußerst lebenstüchtig und fruchtbar. Waren hingegen beide Kopien verändert, lebten die Tiere nur etwa 20 Prozent länger.

Das Indy-Gen codiert für ein Protein, das in den Fettkörpern auftritt – der "Leber" der Insekten. Daneben kommt es aber auch im Mitteldarm, den Antennen und den offenbar Glykogen speichernden Oenocyten vor. Ähnliche Proteine finden sich als Membranproteine in den verschiedensten Organen quer durch das ganze Tierreich bis hin zu uns Menschen. Sie sind dafür zuständig, Zwischenprodukte des Stoffwechsels durch die Zellmembran zu schleusen.

Die Forscher vermuten daher, dass die Taufliegen mit dem mutierten Gen Schwierigkeiten haben, Nährstoffe aufzunehmen und zu verwerten. Bei gleicher Nahrungsversorgung könnten sie somit die darin gespeicherte Energie schlechter nutzen. Ein solch ständiges Leben auf Diät kann die Lebensspanne deutlich verlängern, wie man bereits aus früheren Untersuchungen weiß. Warum dem so ist, konnten Wissenschaftler bisher aber noch nicht klären.

"Was dieses Forschungsergebnis so interessant macht, ist das Wiederauftreten der Verknüpfung zwischen Stoffwechsel, Beschränkung der Energieversorgung und Langlebigkeit", kommentiert David Finkelstein vom National Institute on Aging. "Die Untersuchung zeigt die Möglichkeit auf, dass sich die Lebensspanne beeinflussen lässt, indem der Stoffwechsel genetisch verändert wird." Also geht der menschliche Traum von der ewigen Jugend bald in Erfüllung? Wohl kaum. Denn obwohl das Genom von Taufliegen mit unserem zu etwa 80 Prozent übereinstimmt, sind die Wissenschaftler noch weit davon entfernt zu begreifen, wie sich eine gedrosselte Energiezufuhr auf unseren Körper auswirkt.

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