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News: Ein scharfer Blick auf Photosystem II

Grüne Pflanzen, Algen und Cyanobakterien gewinnen ihre Energie durch Photosynthese. Mit Hilfe des Sonnenlichts wandeln sie Kohlendioxid und Wasser in Zucker und Sauerstoff um. Die chemische Grundgleichung ist sehr einfach, der Mechanismus jedoch äußerst kompliziert und noch nicht vollständig aufgeklärt. Nun konnten Wissenschaftler das bisherige Wissen über die Kristallstruktur des Photosystems II durch eine hohe Auflösung noch weiter verfeinern.
Ohne die Photosynthese gäbe es auf der Erde wohl keinen Sauerstoff. Und doch ist von diesem so grundlegenden Prozess vieles noch unbekannt. Zwei große Protein-Cofaktorkomplexe – Bestandteile der photosynthetischen Thykaloidmembran in den Chloroplasten – sind maßgeblich daran beteiligt: die Photosysteme I und II (PS I, PS II). Im PS II finden die ersten Teilschritte der Photosynthese statt. Hier werden den Wassermolekülen Elektronen mit Hilfe der Lichtenergie "entzogen", auf ein Chinonsystem übertragen und Sauerstoff in die Atmosphäre freigesetzt. PS II besteht aus einem Antennenkomplex, der die Lichtenergie einfängt (Chlorophyllmoleküle), einem zentralen Bereich mit Reaktionszentrum und einem sauerstoffentwickelnden Komplex.

Der Arbeitsgruppe um Wolfram Saenger vom Institut für Chemie/Kristallographie der Freien Universität Berlin gelang es nun mit Hilfe der Röntgendiffraktion, die Kristallstruktur von PS II bei einer Auflösung von 3,8 Angström zu ermitteln. Die Forschungsarbeiten wurden gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um Horst-Tobias Witt und Petra Fromme vom Max-Volmer-Institut für Biophysikalische Chemie und Biochemie der TU Berlin durchgeführt. Hier wurde das Membranprotein – molekulare Masse etwa 700 000 Dalton – aus dem thermophilen Cyanobakterium Synechococcus elongatus isoliert, in Lösung gebracht und schließlich in vollständig hydratisierter Form kristallisiert.

Die FU-Kristallographen führten die Röntgendiffraktions-Experimente bei tiefen Temperaturen (100 Kelvin) mittels Synchrotronstrahlung in Hamburg, Triest (I) und Grenoble (F) durch. Das so genannte Phasenproblem der Kristallographie wurde durch Schwermetalldotierung gelöst. Hierbei wird der Kristall mit einer Schwermetallsalzlösung getränkt, einzelne Metallatome in Form von Komplexen in den Kristall eingebaut. Erst nach diesem sehr langwierigen Schritt lassen sich die Phasenwinkel, damit die Elektronendichteverteilung im Molekül und letztlich die Gesamtstruktur ermitteln.

Das Protein PS II liegt im Kristall als C2-symmetrisches Dimer vor, mit einer Breite von 190 Angström und einer Höhe von etwa 100 Angström. Es besteht aus 17 Untereinheiten, von denen 14 innerhalb der Membran liegen. Die Auflösung von 3,8 Angström ermöglicht zwar nicht den Blick auf jedes einzelne Atom, wohl aber auf Atomverbände, und gibt damit genaue Details der Sekundär- und Tertiärstruktur preis. Eindeutig konnten Position und Struktur mehrerer Cofaktoren (32 Chlorophylle, 2 Phyllochinone, 2 Pheophytine, 2 Hämgruppen, 1 Eisenatom) sowie erste Umrisse der Struktur des sauerstoffentwickelnden Komplexes bestimmt werden – ein Cluster aus vier Manganatomen. An dieser Stelle werden die Wassermoleküle durch das Kation-Enzym P680+ schrittweise oxidiert und Sauerstoff sowie Wasserstoffionen freigesetzt. Letztere werden benutzt, um den Energiespeicher ATP zu synthetisieren.

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  • Quellen
Max-Planck-Gesellschaft
Nature 409: 739–743 (2001)

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