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News: Ein Sieb zum Wasserfangen

Auf den ersten Blick scheint es widersinnig, ausgerechnet mit einem porösen Material Wasser festhalten zu wollen. Zeolithe - natürliche wie synthetische Alumosilikate - erfüllen diese Aufgabe jedoch schon seit langem ausgezeichnet. Nun bekommen sie Konkurrenz von einem neuen Material, das darin noch deutlich erfolgreicher und schneller ist.
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Zein bedeutet im Griechischen "kochen", lithos heißt "der Stein" – der Name "Zeolithe" beschreibt daher die grundlegende Eigenschaft, welche diese Materialien in der Chemie so begehrt macht: Sie entziehen anderen Substanzen Wasser und speichern es in der lockeren, vernetzten Struktur ihres Kristallgerüsts. Werden sie erhitzt, geben sie es wieder frei – der Stein scheint zu kochen.

Seit die chemische Industrie die Eigenschaften der Zeolithe genaustens untersucht und künstlich nachgebildet hat, sind die molekularen Siebe überall verbreitet: zur Auftrennung von Gasen und Flüssigkeiten, zur Aufnahme von Feuchtigkeit in Erdgas-Pipelines oder als Katalysatoren beim Cracken von Erdöl.

Die Konkurrenz ist bislang bescheiden. Zwar versuchen Forscher schon lange, Materialien mit vergleichbaren Eigenschaften herzustellen, doch ist ihnen dies bisher nur in wenigen Fällen gelungen: Die Ergebnisse waren zu arm an Poren, und erhöhten die Wissenschaftler deren Anteil, brach oft das ganze Gerüst zusammen. Nun aber haben Kenneth Suslick von der University of Illinois in Urbana-Champaign und seine Kollegen einen Stoff entwickelt, der Wasser sogar noch ungleich besser festhält als Zeolithe – und nahezu drei Viertel des Materials sind hohl.

Ausgangspunkt für den künstlichen Zeolith-Konkurrenten war ein Gemisch aus Cobaltchlorid und eine Porphyrinsäure, welches Suslick und seine Mitarbeiter auf 200 Grad Celsius erhitzten. Daraus entstand ein Material, das die Wissenschaftler Porphyrinic Illinois Zeolite Analogon 1 tauften – oder kurz PIZA-1. Dessen Gerüst besteht aus so genannten Metalloporphyrinen: ringförmigen Molekülen, in deren Zentren ein Metallatom sitzt. Diese Klasse von Verbindungen ist in der Natur weit verbreitet, sie finden sich beispielsweise in Hämoglobin, Myoglobin und Cytochromen. Der Porenraum des neuen Materials beträgt nach Aussage der Forscher 74 Prozent.

In den ersten Leistungstests schnitt PIZA-1 hervorragend ab. Es zeigte erwartungsgemäß eine besondere Vorliebe für polare Stoffe wie Wasser, Alkylamine oder Alkohole. Dabei bewältigte es als Trocknungsmittel in einer Stunde dieselbe Aufgabe wie das verbreitete Zeolith 4A in einem ganzen Tag. Dabei zeigte sich PIZA-1 völlig unbeeindruckt von Lösungsmitteln oder starken Säuren. Allein konzentriertres, wässriges tetra-Alkylammoniumhydroxid rückte dem molekularen Sieb zu Leibe.

Mit einem Trick konnten die Forscher das Metalloporphyrin sogar von einem unpolaren Gast im Porengewirr überzeugen. Indem sie Hexan in Pyridin lösten und in mehrere Durchgängen mit wachsenden Konzentration durch das molekulare Sieb schickten, konnten sie sogar dieses hydrophobe Molekül zu einem längeren Aufenthalt veranlassen. Offenbar ermöglichte das polare Pyridin den Eintritt in die tieferen Poren.

Nun experimentieren die Forscher damit, zusätzliche, katalytisch aktive Metalle wie Mangan, Eisen oder Chrom in das Gitter einzubauen. Auf diese Weise hoffen sie, das Leistungsspektrum des neuen molekularen Siebes noch weiter zu erhöhen.

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