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News: Ein Sportlerherz ganz ohne Training

Ein Protein hat es den Forschern in den letzten Jahren besonders angetan: die Telomerase. Nun beleuchteten Forscher mithilfe gentechnisch veränderter Mäuse die Auswirkungen des in Embryonen und Stammzellen vorhandenen Enzyms auf das Wachstum von Herzmuskelzellen. Wie sich herausstellte, entwickelten jene Tiere mit zusätzlicher Telomerase-Ausstattung größere Herzzellen als normale Mäuse - ganz wie sie die Organe von gut trainierten Sportlern aufweisen.
Im Gegensatz zur ringförmigen Erbinformation von Einzellern liegt die Nukleinsäure höherer Organismen stückweise als Chromosomen verpackt im Zellkern. Die DNA-Stäbchen besitzen somit Anfang und Ende, was spätestens bei ihrer genauen Verdopplung zu Problemen führt. Denn bei jeder Zellteilung würde der Tochterstrang nur unvollständig abgeschrieben und folglich schrumpfen.

Um dem schrittweisen Verlust wichtiger Erbinformation vorzubeugen, enthalten die Chromosomen an ihren Enden Hunderte von Basenwiederholungen, so genannnte Telomere, die ähnlich den Kunststoffhüllen von Schnürsenkeln die DNA vor dem Zerfransen schützen. Und es gibt noch einen weiteren Weg, der dem Verkürzungsprozess entgegenwirkt: Das Enzym Telomerase verdoppelt gezielt die Endstücke und bewahrt die Zellen damit vor dem Altern. Bis auf wenige spezielle Körperzellen besitzen aber nur Stammzellen – etwa im Embryo – und Krebszellen diese Eigenschaft.

Herzmuskelzellen hingegen müssen ohne diese Enzymausstattung auskommen. So hat ein Absterben großer Mengen an Myozyten bei Infarkten und einigen Herzerkrankungen oft verheerende Folgen: Dem Herzmuskel fehlt nun eine Amada sich kontrahierender Zellen und die Arbeitskraft des Organs sinkt. Es kann nicht mehr genug Blut in den Körper pumpen, der nun unterversorgt ist. Doch warum sollten nicht auch Herzmuskelzellen mit dem erneuernden Enzym Telomerase ausgestattet werden, dachten sich Forscher des Baylor College of Medicine. Dazu veränderten sie Mäuse gentechnisch derartig, dass diese auch nach ihrer Geburt Telomerase in den Herzzellen herstellten, während ihre normalen Artgenossen die Produktion zu diesem Zeitpunkt einstellen.

Die Tiere im Labor von Michael Schneider konnten offensichtlich gar nicht genug Herzmuskelzellen haben. Auch noch einen Monat nach der Geburt wuchsen die Zellen unbeirrt, teilten sich fleißig und produzierten mehr Abkömmlinge als die Kontrolltiere. Schließlich stoppten die Zellen ihre rege Teilung und wuchsen stattdessen in die Breite. Diese Zellveränderung ist eigentlich als Hypertrophie bekannt und schwächt normalerweise den Herzmuskel, da die vergrößerten Zellen weniger leisten. Doch entgegen der Erwartung ging es den Tieren gut. Ihre vergrößerten Herzen ähnelten denjenigen von gut durchtrainierten Leistungssportlern und zeigten keine Spuren von versteiftem, harten Gewebe, das oft bei Herzerkrankungen auftritt.

Erlitten diese Mäuse einen Herzinfarkt, verloren sie außerdem viel weniger Zellen als die Kontrolltiere. Besonders diese Beobachtung ist aus klinischer Perspektive interessant. Nun hoffen die Forscher, dass auch adulte Herzen durch eine zusätzliche Gabe des Enzyms Telomerase vor den Folgen eines Infarktes geschützt werden könnten. Auf dieser Basis könnten zukünftig eventuell Therapien entwickelt werden, um Herzerkrankungen zu mildern.

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