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News: Ein weißer Laser für die Westentasche

Wenn es nach Andreas Tünnermann geht, können sich Fernsehzuschauer in absehbarer Zukunft von ihrer Mattscheibe verabschieden. Dann nämlich projizieren farbige Minilaser ein gestochen scharfes Bild beinahe beliebiger Größe ins heimische Wohnzimmer. Auch in der Foto- und Drucktechnik, in der Medizin, der Optoelektronik und im produzierenden Gewerbe werden die kleinen, preiswerten und enorm vielseitigen Faserlaser künftig das Bild bestimmen, prophezeit der Wissenschaftler. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er Systeme mit haarfeinen, hochflexiblen Glasfasern, die zugleich Laser und Lichtleiter sind.
Eine erste marktreife Anwendung soll der Jenaer Prototyp als lichtspendende 'Seele' eines Spezialmikroskops für Medizin und Biologie finden. "Ein technisch sehr anspruchsvolles Projekt", kommentiert Tünnermann vom Institut für Angewandte Physik der Universität Jena, "das nur von Uni-Forschern und Industrie gemeinsam zu bewältigen ist."

Vom Endverbraucher unbemerkt, vollzieht die Lasertechnologie gerade eine stille Revolution. In vielen Bereichen werden die neuen Faserlaser die herkömmlichen Apparate ablösen – und das bei weitaus höherem Wirkungsgrad. Der Trick der neuen Technologie: Werden in alten Lasern Gasatome unter hohem Energieeinsatz so angeregt, daß sie Lichtstrahlung abgeben, so arbeitet Tünnermanns Team mit spezialdotierten Gläsern aus Zirkonium, Barium, Lanthan, Aluminium und Natrium.

Das Material namens ZBLAN hatte die bretonische Firma Le Verre Flouré ursprünglich für die Telekommunikation entwickelt. Erst seit kurzem wird es auch für die neuen Faserlaser eingesetzt, deren entscheidender Konstruktionsvorteil darin liegt, daß in der Faser aufgrund spezifischer Verunreinigungen mit Seltenerd-Ionen selbst bei geringem Energieeinsatz eine sehr hohe Leistungsdichte entsteht: Das Licht "schaukelt" sich quasi innerhalb der Glasfaser, die somit selbst zum Laser wird, zwischen zwei winzigen Spiegeln energetisch auf.

Die Ausgangsenergie liefern fingernagelgroße Laserdioden; die ganze Apparatur ist schon so klein, daß sie problemlos in eine Zigarettenschachtel paßt. Setzen gewöhnliche Laser nur wenige Promille der Eingangsleistung in Licht und den großen Rest in Wärme um, so rechnet Tünnermann damit, daß Faserlaser schon bald bis zu zehn Prozent der Energie sinnvoll nutzen. Der Clou: Aufwendige Kühlverfahren kann man nun sparen, und für die meisten Anwendungen reicht als Stromquelle schon eine handelsübliche Neun-Volt-Batterie.

Somit lassen sich auch mehrere der Zentimeter bis einige Meter langen "Laserschnüre" kombinieren. Weil sie je nach Materialdotierung – über das ganze sichtbare Spektrum hinweg – rote, grüne oder blaue Lichtstrahlen erzeugen, bei deren Überlagerung wiederum weißes Licht entsteht, eignen sie sich ideal als Lichtquellen in Fernsehern, Bildprojektoren oder in Laserbelichtern für die Fototechnik.

Als Lichtquelle für medizinische Scanning-Mikroskope müssen die Faserlaser gleich mehrere schwierige Parameter präzise erfüllen. Ärzte arbeiten in der modernen Diagnostik häufig mit speziellen Leuchtfarbstoffen, die nur binnen schmaler Wellenlängenbereiche von weniger als zwanzig Nanometern wirksam werden. Leistungsschwankungen würden dabei unweigerlich zu Fehldiagnosen führen. "Wir sind sehr zuversichtlich, binnen relativ kurzer Zeit die herkömmlichen Laser in diesen mikroskopischen Diagnose-Systemen durch Faserlaser zu ersetzen", meint Tünnermann. Klar ist, daß dann ein wartungsfreies und bequem transportables System in die Kliniken geliefert wird. Aber neben diesen Mikroskopen sind auch andere diagnostische und therapeutische Einsatzfelder in der Medizin denkbar, etwa in der Krebsbekämpfung. Möglicherweise werden Ärzte eines Tages sogar die flexible "Laserschnur" ihren Patienten endoskopisch einführen und punktgenau vor einem Krebsherd plazieren, um diesen – schonend für das gesunde Gewebe – buchstäblich wegzuschmelzen.

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