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Bronzezeit: Ein zweites "Troja" in Spanien?

Ein zweites "Troja" in Spanien?

Vor mehr als 4000 Jahren bildete Troja eines der bedeutendsten Machtzentren des Mittelmeergebiets. Doch die stark befestigte Zitadelle dürfte nicht der einzige Herrschersitz dieses Kalibers gewesen sein. Wie Archäologen der Universitat Autonoma de Barcelona jüngst bekannt gaben, haben sie in La Bastida im Südosten Spaniens die Reste imposanter Befestigungsmauern frei gelegt, die in Größe und Bauweise einzigartig für das bronzezeitliche Europa sind.

Die Festungsmauer ... | ... mit fünf der insgesamt sechs frei gelegten Türme. Sie springen im Abstand von vier Metern von der Mauer vor.

Seit 2008 graben der leitende Archäologe Vicente Lull und sein Team in La Bastida – einer bronzezeitlichen Siedlung in der autonomen Region Murcia, die um 2200 v. Chr. entstanden war. Hatten die Ausgräber bislang vor allem Wohnhäuser entdeckt, so erwartete sie in der diesjährigen Kampagne ein beispielloser Fund: Auf einer Länge von 70 Metern legten sie eine zwei bis drei Meter dicke Befestigungsmauer samt Toranlage frei, die in regelmäßigen Abständen mit Wehrtürmen verstärkt wurde. Die ursprüngliche Höhe der Festung schätzen Lull und seine Kollegen auf bis zu sieben Meter, ihren einstigen Umfang auf mehr als 300 Meter. Zum Vergleich: Trojas Mauern waren in der Zeit zwischen 2500 und 2200 v. Chr. nur wenig länger und höher.

Neben dem Haupttor ... | ... stießen die spanischen Archäologen auf ein kleines Ausfalltor (Pfeil). Seine Konstruktionsweise in Form eines Spitzbogens kennen die Forscher von keiner anderen Stätte der frühen oder mittleren Bronzezeit in Europa.

Nicht nur das Ausmaß der Festung verblüfft die Forscher, sondern vor allem auch ihre Konstruktionsweise. So konnten sie neben dem Hauptzugang ein kleines Ausfalltor aufdecken, das die Form eines Spitzbogens hat. Ähnliche Torbauten fanden sich bislang nur in Troja oder in den bronzezeitlichen Stadtzentren der Levante. Aus diesem Grund vermuten die Forscher, dass die Erbauer von La Bastida aus dem Nahen Osten kamen. Dafür spreche auch, dass die Mauern stark geböscht sind und aus großen Steinblöcken und Mörtel bestehen. Alles in allem erweise sich die Anlage als ausgeklügeltes Verteidigungssystem, das offenbar eine kampferprobte Elitegruppe ersonnen hatte – womöglich Flüchtlinge aus dem Vorderen Orient, die vor rund 4300 Jahren die von Krisen erschütterte Region verließen.

Wie die Archäologen annehmen, war La Bastida die Heimat einer kulturell fortgeschrittenen und kriegerischen Gesellschaft. Ihre historische Bedeutung ließe sich mit der Kultur Trojas oder der Minoer auf Kreta vergleichen. Davon würden auch die Bauten innerhalb der Festungsmauern zeugen: Dort kamen große Wohnhäuser und öffentliche Gebäude zu Tage sowie ein riesiges Becken mit einem Fassungsvermögen von fast 400 000 Litern.

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