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News: Eine feine Nase für Sprengstoff

Physiker aus Großbritannien haben ein Gerät entwickelt, mit dem auch noch geringste Mengen Sprengstoff entdeckt werden können. Der neue Apparat soll in der Lage sein, nur stecknadelkopfgroße Mengen auch in großen Fußballarenen wie dem Wembley-Stadium aufzuspüren. Bisher hatten Sprengstoffexperten bereits Mühe, solch geringe Mengen in einer Tennishalle zu finden. Da das neuentwickelte Gerät aber tausendmal genauer und zudem billiger sein soll als alle bisher verwendeten Sprengstoffdetektoren, könnte seine Einführung die Sicherheitschecks auf Flughäfen wie auch die Bemühungen gegen den internationalen Terrorismus revolutionieren.
In der Vergangenheit hatte sich die Entwicklung von Methoden zur Sprengstoffsuche auf Flughäfen meist als so teuer herausgestellt, daß viele Flughäfen dazu übergingen, speziell für diesen Zweck trainierte Sprengstoff-Hunde einzusetzen. Diese waren zwar in der ersten Zeit überaus erfolgreich, doch gab es auch Fälle, in denen Hunde durch Müdigkeit oder Streß ihrer Aufgabe nicht gerecht wurden. Röntgenscanner können zwar größere Mengen Sprengstoffs ohne weiteres aufspüren, doch lassen sie sich durch geschicktes Tarnen des Materials durchaus an der Nase herumführen. So wurde auch schon mal eine Packung Weihnachtspudding für Plastik-Sprengstoff gehalten.

David Batchelder und Simon Webster von der University of Leeds entwickelten nun den neuen Detektor in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Dienst der Polizei und dem chemischen Institut der University of Strathclyde. Ähnlich wie Hundenasen spürt das kompakte Gerät den Sprengstoff anhand seiner Ausdünstungen auf – jedoch mit einer ungleich größeren Empfindlichkeit sowie mit absoluter Verläßlichkeit. Damit ist es künftig auch möglich, große Frachtcontainer, die bisher weder mit Hunden noch mit Röntgenscannern untersucht werden konnten, in relativ kurzer Zeit auf Sprengstoff zu überprüfen.

Dabei bedienen die Wissenschaftler sich des Umstandes, daß jeder Stoff eine eindeutige Schwingungsfrequenz aufweist. Dieses kann durch Infrarotspektroskopie mittels Laserstrahlen sehr genau gemessen werden. Da jeder Stoff ständig geringe Mengen seiner Substanz an die Umgebungsluft abgibt, ist es so wie auch schon bei der Verwendung teuerer Gaschromatographen möglich, geringste Mengen versteckter Explosivstoffe in der Umgebungsluft nachzuweisen. Die Stärke des jetzt entwickelten Apparates liegt dabei vor allem in seiner Fähigkeit, das gewünschte Signal ausreichend zu verstärken. Das wird mit Hilfe eines speziellen Farbstoffes sowie eines Silber-Kolloids erreicht. Damit sind die Forscher nach eigenen Angaben sogar in der Lage, einzelne Moleküle eines Sprengstoffs nachzuweisen.

Gerade die extreme Empfindlichkeit des neuen Detektors macht ihn aber für Fahndungs- wie Polizeibehörden zu einem hervorragenden Werkzeug auf der Suche nach Semtex – einer der tödlichsten Waffen internationaler Terroristen. "Semtex gast nicht sonderlich aus und damit ist es im höchsten Maße schwierig, diesen Sprengstoff zu finden", erklärt Batchelder, "es sei denn, man weiß, wo man zu suchen hat." Die Möglichkeit, schon geringste Spuren dieses Stoffes nachweisen zu können, macht das Gerät aber auch für die forensische Medizin interessant. So sind Semtex-Rückstände nur sehr schwer zu beseitigen – in Labortests ist es so gelungen, Rückstände dieses Sprengstoffes auch nach mehrmaligem Händewaschen noch in den Fingerabdrücken einer Testperson nachweisen zu können. Neben seiner hohen Verläßlichkeit hat dieser Test einen weiteren Vorteil: So kann er angewendet werden, ohne dabei wichtige Spuren zu zerstören. "Wichtige Beweisstücke der Anklage können so wenn nötig immer wieder neu untersucht werden", sagt Webster. Erste Feldversuche mit einem Prototyp des Detektors sollen bereits in diesem Sommer auf Flughäfen beginnen.

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