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Münzschatz: Doch keine Fälschung?

Wegen ihrer groben Gestaltung und der verworrenen Inschrift galt die Goldmünze als Fälschung. Nun zeigt sich: Sie könnte echt sein und den römischen Herrscher Sponsian zeigen. Doch es gibt auch Zweifler.
Römische Goldmünze mit Kopf von Sponsian
Die Münze, die an der University of Glasgow aufbewahrt wird, gehört zu einem Goldschatz, der im Jahr 1713 in Transsylvanien, dem heutigen Rumänien, gefunden worden ist.

Eine historische Goldmünze, die lange Zeit als Fälschung abgetan wurde, könnte echt sein und den römischen Herrscher Sponsian abbilden. Zu dieser Einschätzung kommt ein Forschungsteam um den Paläontologen Paul N. Pearson vom University College London. Die Münze, die an der University of Glasgow aufbewahrt wird, gehört zu einer Hand voll Münzen, die im Jahr 1713 in Transsylvanien, dem heutigen Rumänien, ausgegraben worden sind. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts galten sie auf Grund ihrer groben, seltsamen Gestaltung und der verworrenen Inschriften als Fälschungen.

In einer neuen Studie, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift »PLOS ONE« erschienen sind, untersuchten die Wissenschaftler um Pearson die Münze aus der Glasgower Sammlung mit umfangreichen mikroskopischen und spektroskopischen Methoden. Sie fanden Minerale auf der Oberfläche der Münze, die darauf hindeuten, dass sie über einen langen Zeitraum in der Erde vergraben und dann der Luft ausgesetzt war. Diese Minerale sind von Siliziumdioxid überzogen und in eine Art Zement eingebettet, der sich auf natürliche Weise bildet, wenn etwas über einen langen Zeitraum in der Erde liegt. Auch fand das Team Abnutzungserscheinungen, die nahelegen, dass die Münze aktiv im Umlauf gewesen sein muss.

Hauptautor Pearson sagte: »Die wissenschaftliche Analyse dieser äußerst seltenen Münze holt den Regenten Sponsian aus der Vergessenheit. Unsere Untersuchungen zufolge herrschte er zu einer Zeit, als das Reich von Bürgerkriegen heimgesucht und die Grenzgebiete von plündernden Eindringlingen überrannt wurden, über das römische Dakien, einen isolierten Goldbergbau-Außenposten.«

Bis heute nur vier Münzen mit Sponsian-Konterfei bekannt

Die römische Provinz Dakien, die sich mit dem heutigen Rumänien überschneidet, war eine für ihre Goldminen geschätzte Region. Archäologische Untersuchungen ergaben bereits in der Vergangenheit, dass das Gebiet um 260 n. Chr. vom Rest des Römischen Reichs abgeschnitten worden war. Umgeben von Feinden könnte Sponsian ein lokaler Armeeoffizier gewesen sein, der gezwungen war, während einer Zeit des Chaos und des Bürgerkriegs den Oberbefehl zu übernehmen und die militärische und zivile Bevölkerung Dakiens zu schützen.

Sponsian konnte wohl keine offiziellen Münzexemplare von der römischen Münzstätte erhalten. Er scheint die Prägung von Münzen, von denen einige sein Gesicht zeigen, aus lokaler Produktion genehmigt zu haben, um eine funktionierende Wirtschaft in seinem isolierten Grenzgebiet zu unterstützen, vermuten die Wissenschaftler.

Zweifel an den Erkenntnissen

Allerdings gibt es mittlerweile auch einige Wissenschaftler, die Zweifel an den Schlüssen anmelden, die die Gruppe um Pearson aus ihren Untersuchungen gezogen hat. So meldeten sich bei Twitter unter anderem der Althistoriker Johannes Wienand sowie der Münz-Experte Marjanko Pilekić zu Wort. Es sei weiterhin ungelöst, wie es sein könne, dass die Münzen gegossen statt geprägt wurden – das bleibe ein gewichtiges Indiz für eine moderne Fälschung. Außerdem seien die Form der Buchstaben, das Gewicht und die Zusammensetzung der Münzen, die Motivästhetik sowie auch der Name des potentiellen Herrschers nicht zeittypisch. Es könne zudem noch immer eine antike Fälschung sein, weshalb das Alter der Münze an sich auch kein Beweis für die Existenz eines Sponsians sei.

Bis heute sind nur vier Münzen mit dem Sponsian-Motiv bekannt, die alle aus demselben Münzschatz stammen – zwei werden in Wien aufbewahrt, eine in Glasgow und eine weitere im rumänischen Sibiu. Als sie Anfang des 18. Jahrhunderts in Rumänien entdeckt wurden, hielt man sie zunächst für echt und stellte sie in eine Reihe mit anderen Nachahmungen römischer Münzen, die jenseits der Reichsgrenzen hergestellt worden waren. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich jedoch die Einstellung: Die Münzen wurden auf Grund ihres Aussehens als Fälschungen eingestuft.

Für seine umfassenden Untersuchungen der Münze setzte das Forschungsteam leistungsstarke Mikroskope für sichtbares und ultraviolettes Licht sowie Rasterelektronenmikroskopie und Spektroskopie ein. Dadurch konnte es zum einen den Gold-, Silber- und Kupferanteil der Münze sehr genau bestimmen und zum anderen mineralische Oberflächenablagerungen und andere Verschmutzungen sowie Kratzmuster analysieren. Ihre Ergebnisse verglichen die Wissenschaftler mit der Beschaffenheit anderer Münzen aus der fraglichen Zeit, deren Echtheit als zweifelsfrei bewiesen gilt.

»Unsere Beobachtungen zwingen zu einer Neubewertung von Sponsian als historische Persönlichkeit«, schreiben die Forscher in ihrem Artikel. »Die Kombination der Münzfunde mit den historischen Aufzeichnungen legt nahe, dass er höchstwahrscheinlich ein Heerführer in der isolierten römischen Provinz Dakien war und seine grob gefertigten Münzen eine funktionierende Geldwirtschaft unterstützten, die lokal für einen beträchtlichen Zeitraum fortbestand.«

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