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News: Eine Investition fürs Leben

Wir haben nicht nur ein wesentlich größeres Gehirn als unsere nächsten tierischen Verwandten, wir leben auch noch deutlich länger. Und das eine bedingt das andere.
1200 bis 1700 Kubikzentimeter passen in unseren Schädel. Damit übertrifft das Hirnvolumen des Menschen das des Schimpansen um das Drei- bis Vierfache, der nur etwa 400 Kubikzentimeter zustande bringt. Angesichts der engen Verwandtschaft – wir teilen knapp 99 Prozent unseres Erbgutes mit dem Schimpansen – ist dieser Unterschied durchaus erstaunlich.

Auch bei der Lebenserwartung unterscheiden sich Mensch und Schimpanse deutlich voneinander: Während für uns eine durchaus realistische Chance besteht, das achtzigste Lebensjahr zu überschreiten, kann sich ein Schimpanse glücklich schätzen, wenn er seinen vierzigsten Geburtstag feiert. Sind das nur Zahlenspiele oder hängen beide Unterschiede ursächlich miteinander zusammen?

Ja, sind sich Hillard Kaplan und Arthur Robson einig. Die beiden Wissenschaftler haben sich dem Problem von unterschiedlichen Seiten genähert: Während Kaplan als Anthropologe an der University of New Mexico vergleichende Untersuchungen zwischen Mensch und Affe kennt, betrachtet der Wirtschaftswissenschaftler Robson von der University of Western Ontario eher die ökonomische Seite.

Und die beiden Forscher sehen hier durchaus ein ökonomisches Problem. "Wir glauben, dass das Gehirn eine Investition ist", betont Robson. Denn schließlich steckt der Mensch erhebliche Energie in den Aufbau seines Gehirns – vor allem seiner Großhirnrinde – hinein und füttert es dann mit immer neuen Informationen. Damit baut er ein "verkörpertes Kapital" auf, das sich erst im späteren Leben rentiert. Und das bedeutet wiederum, so schließen die Forscher, dass sich die Investition in eine große Hirnmasse nur lohnen kann, wenn der Träger des klugen Kopfes lange genug lebt, um von den angesammelten Kenntnissen und Fähigkeiten zu profitieren.

Nötig wurde diese Investition, als die Menschen sich als Jäger und Sammler in den afrikanischen Savannen durchschlagen und mit den hier vorherrschenden harten Überlebensbedingungen fertig werden mussten. Das größere Gehirn erforderte dann nicht nur eine längere Lebensspanne, es förderte diese auch gleichzeitig. Denn schließlich steigen mit wachsender Intelligenz und zunehmenden Fähigkeiten auch die Überlebenschancen in einer feindlichen Umwelt. In dieser Kombination aus Hirnvolumen und Lebenserwartung liegt somit ein besonderer Fall für eine Coevolution vor, wobei sich hier nicht zwei Arten, sondern zwei Eigenschaften innerhalb einer Art gegenseitig anpassen.

Für manche Wissenschaftler ist diese ökonomische Betrachtung jedoch etwas zu einfach. Der Evolutionsbiologe Michael Rose von der University of California in Irvine zeigt sich zwar von der Argumentation durchaus beeindruckt, bleibt aber dennoch skeptisch: "Ist man ein guter Mathematiker, dann lässt sich mit einem Modell jeder gewünschte Schluss ziehen."

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