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News: Eine Nasenlänge voraus

Damit um ferne Sterne Planeten kreisen können, die der Erde ähneln, muss die chemische Rezeptur stimmen, und sie müssen gerade in der richtigen Entfernung um ihr Heimatgestirn kreisen. Je nachdem, wie groß das Angebot der Zutaten ist, können hier aber auch Riesenplaneten entstehen, die jedem irdischen Verwandten den Garaus machten. Unter den richtigen Umständen könnte aber alles gut gehen und sich Leben entwickeln. Doch das wäre womöglich lange vor unserer Zeit geschehen.
Kohlenstoff, Sauerstoff, Eisen und Silizium, dies sind die wesentlichen Ingredienzien der Planeten. Und keines dieser Elemente ist unmittelbar nach dem Urknall vor etwa 33 Milliarden Jahren entstanden, sie bildeten sich vielmehr innerhalb von Sternen während der ersten paar Milliarden Lebensjahre des Universums.

Erst danach war es dann wohl Zeit für die ersten Planeten, ja, womöglich gab es seitdem kaum einen Stern, um den sie nicht kreisten. Da die dunklen Planeten selbst für die stärksten optischen Teleskope unsichtbar bleiben, ist ihre Entdeckung ein schwieriges Unterfangen und nur auf indirektem Wege möglich. Immerhin ist man auf diese Weise außerhalb unseres Sonnensystems schon auf gut 50 Planeten gestoßen. Aus methodischen Gründen handelt es sich dabei allerdings ausschließlich um so genannte hot jupiters, riesige Planeten, die dem Jupiter ähneln und auf engen Bahnen um ihren Stern kreisen. Eben dort müssten sich aber auch die erdähnlichen Planeten befinden, die hier aber wegen der Riesenplaneten keinerlei Überlebenschancen hätten.

Ob sich im Umfeld eines Sterns Riesenplaneten oder solche mit irdischem Charakter bilden, hängt von der so genannten Metallhäufigkeit ab - unter Metallen verstehen Astronomen alle Elemente, die schwerer sind als Helium. Bei den bisher entdeckten Planetensystemen besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Gehalt schwerer Elemente in der Sternatmosphäre und der Existenz mehr oder minder großer Planeten. Man kann also annehmen, dass die Metallhäufigkeit eines Sterns darüber entscheidet, ob es hot jupiters oder kleine, erdähnliche Planeten gibt: Reichen die Mengen schwererer Elemente nicht aus, gibt es auch keine erdähnlichen Planeten; sind sie im Überschuss vorhanden, bilden sich Riesenplaneten, neben denen kleine Planeten nicht existieren könnten.

Alles in allem geht Charles Lineweaver von der University of New South Wales in Sydney deshalb davon aus, dass es irgendwo dazwischen Systeme gibt, in denen der Metallgehalt optimal ist, und die Verwandten der Erde eine Chance haben. Auf dieser Basis und mithilfe von Abschätzungen der Entstehungsrate von Sternen im Laufe der Geschichte des Universums hat der Forscher daraufhin ein Altersprofil aller potenziell erdähnlichen Planeten erstellt.

Demnach ist die Erde mit ihren mehr als 4,5 Milliarden Jahren auf dem Buckel noch ein junger Spund - verglichen zu den anderen "Erden" jedenfalls. Nach Lineweavers Modell sind 74 Prozent aller irdischen Verwandten - allein in der Milchstraße soll es 50 Milliarden davon geben - älter als unser Heimatplanet. Im Durchschnitt entstanden alle erdähnlichen Planeten rund 1,8 (plus-minus 0,9) Milliarden Jahre vor der Erde.

Nun birgt ein erdähnlicher Planet naturgemäß am ehesten die Möglichkeit, Leben hervorzubringen, und wenn man davon ausgeht, dass es anderswo ähnlich zuging wie auf der Erde, dann entstanden dort die ersten Zellen wohl schon zwei Milliarden früher als auf der Erde. Zwei Milliarden Jahre: Auf der Erde reichte diese Zeit, um aus den ersten Zellverbänden Pflanzen, Tiere und Menschen hervorzubringen. Die Lebensformen ferner Planeten könnten uns also durchaus eine Nasenlänge voraus sein.

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  • Quellen
Geological Society of America, The Geological Society of London: Earth Systems Processes, Edinburgh (24.-28.6.2001)
Icarus 151(2): 307–313 (2001)

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