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News: Eine raffinierte und bezaubernde Idee

Ein in der Nähe des Sonnensystems vorbeiziehendes Schwarzes Loch könnte im wahrsten Sinne des Wortes im Sonnenlicht funkeln - theoretisch jedenfalls.
Als Albert Einstein (1879-1955) im Jahr 1915 die extremen Auswirkungen der Gravitation beschrieb, legte er die astrophysikalischen Grundlagen für die Schwarzen Löcher, Bereiche der Raumzeit, die niemals von einem äußeren Beobachter erfasst werden können. Der Begriff des "Schwarzen Lochs" tauchte allerdings erst viel später auf und stammt von dem mittlerweile 91 Jahre alten John Archibald Wheeler, der einst an der Princeton University in New Jersey und der University of Texas in Austin lehrte.

Schwarze Löcher entstehen, wenn beispielsweise ein massereicher Stern in einer Supernova kollabiert. Dabei konzentriert der Sternenrest auf einen Raum mit einigen Kilometern Durchmesser soviel Masse, dass die Schwerkraft ausreicht, selbst Licht zu verschlucken. Schwarze Locher sind also per se unsichtbar, weshalb kaum verwunderlich ist, dass die tatsächliche Entdeckung eines Schwarzen Lochs erst im Jahr 1971 gelang - und zwar indirekt durch die Messung extrem intensiver Röntgenstrahlung.

Jetzt kam eben jener John Archibald Wheeler zusammen mit seinem einstigen Schüler Daniel Holz von der University of California in Santa Barbara auf die Idee, dass schwarze Löcher nicht nur durch die assoziierte Strahlung sichtbar werden, sondern auch - hier ganz in der Nähe, vor der Haustür unseres Sonnensystems - im Licht der Sonne funkeln müssten.

Nähern sich nämlich Photonen einem Schwarzen Loch, so treffen sie zunächst auf den so genannten Ereignishorizont, jene Grenze, hinter der alles im Nichts verschwindet. Viele Photonen verhalten sich dabei jedoch wie Planetensonden, die im Schwerefeld der Erde Schwung für ihre Reise ins Sonnensystem nehmen: Sie gelangen in den Bann der Schwerkraft des Schwarzen Lochs, werden abgelenkt, kreisen in der Nähe des Ereignishorizonts um das Schwarze Loch herum und werden dabei derart beschleunigt, dass sie wieder ins All zurückschießen.

Gesetzt den Fall, Sonne, Erde und Schwarzes Loch stünden in einer Linie - der irdische Beobachter hätte also die Sonne im Rücken -, so dürfte das Schwarze Loch durch die derart abgelenkten Photonen in der Nähe seines Ereignishorizonts zu leuchten beginnen. Photonen, die von der Sonne in diesen Bereich geraten und eine halbe Bahn um das Schwarze Loch absolvieren, kämen somit direkt zur Erde zurück und würden einen scharf leuchtenden äußeren Ring erzeugen.

Photonen, die auf eine Bahn gelangten, die enger am Ereignishorizont liegt, würden das Schwarze Loch demnach 1,5-mal umkreisen und kämen erst dann zur Erde zurück. Sie erzeugten einen kleineren Ring. Photonen, die noch enger um das Schwarze Loch kreisten, bildeten schließlich einen noch kleineren Kreis und so weiter und so fort.

Ein Schwarzes Loch mit rund 50 Sonnenmassen, welches das Sonnensystem in rund 300 Milliarden Kilometern passiert - das entspricht etwa der 50fachen Entfernung zwischen Sonne und Pluto -, würde auf diese Weise ungefähr einen Tag lang schwach aufflackern. Vorausgesetzt, es passiert die Linie von Sonne und Erde.

Bohdan Paczynski, der als Astrophysiker ebenfalls an der Princeton University lehrt, fehlt indes der Glaube, dass sich die Idee an der Realität bewähren wird. So dürfte das auf diese Weise zurückgeworfene Sonnenlicht derzeit kaum von Teleskopen zu registrieren sein - selbst, wenn die Astronomen genau wüssten, wo sie hinzuschauen hätten. Noch schwerer wiegt, dass solche isolierten Schwarzen Löcher in der Regel dutzende von Lichtjahren voneinander entfernt sind und deshalb wohl extrem selten in die Nähe unseres Sonnensystems kommen. Nichtsdestotrotz: An den Berechnungen seiner Kollegen zweifelt Paczynski keineswegs. Ganz im Gegenteil freut er sich über diese "raffinierte und bezaubernde Idee".

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