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News: Einer für alle, alle für einen

Balzen ist nicht nur in der Vogelwelt eine beliebte Methode, um Weibchen anzulocken. Man(n) präsentiert sich in bester Form, und versucht, Konkurrenten auszustechen. Wissenschaftler haben nun bei Pfauen herausgefunden, daß der Balztanz meist in Gesellschaft von nahen Verwandten stattfindet. Als Erklärung geben die Forscher an, daß auf diese Weise effektiver dafür gesorgt ist, daß wenigstens einer der Familie seine Gene weitergeben kann.
"Die Balzarena", erläutert der Evolutionsbiologe Paul W. Sherman von der Cornell University in Ithaca, "ist die Freiland-Ausgabe der Single-Treffs." Es ist der Ort, an dem sich Männchen auf der Suche nach einer Partnerin vor einem Publikum wählerischer Weibchen zur Schau stellen. Balzen ist in der Tierwelt zwar selten, tritt aber in vielen verschiedenen systematischen Gruppen auf. Von den Säugetieren bis zu den Fischen ist das Verhalten von etwa zweihundert Tierarten bekannt, am weitesten ist es aber unter Vögeln und Insekten verbreitet.

Aber gleich und gleich gesellt sich gern – viele Männchen stellen sich gleichzeitig auf demselben Balzplatz zur Schau. Der Grund für diesen gemeinsamen Tanz war Biologen bisher nicht bekannt. Tatsache ist, daß nur einige wenige der attraktivsten Männchen von den Weibchen als Partner ausgewählt werden. Daher war es ein Rätsel, warum die Verlierer überhaupt noch erscheinen und warum sie nicht etwas Ähnliches machen wie ihre menschlichen Leidensgenossen: nämlich vor dem Fernseher sitzen und Bier trinken.

Eine mögliche Antwort gaben nun Marion Petrie und ihre Kollegen von der University of Newcastle upon Tyne in Nature vom 9. September 1999. Die Forscher untersuchten das Verhalten einer Population von Pfauen (Pavo cristatus) in einem Tierpark in Großbritannien, in dem mehrere Balzplätze eingerichtet sind. Mit Hilfe von DNA-Fingerprinting zeigten die Forscher, daß an den Balzplätzen regelrechte Familientreffen stattfanden. Die Männchen, die eine bestimmte Balzarena regelmäßig besuchten, waren meist enge Verwandte der anderen Männchen am selben Balzplatz. Dagegen gehörten die Männchen auf den benachbarten Balzplätzen nicht zu den engeren Verwandten. In einer weiteren Studie konnten die Forscher nachweisen, daß eine gemischte Gruppe verwandter und nicht verwandter Pfauen, die im Park gemeinsam freigelassen wurde, sich auftrennte und sich nur die verwandten Tiere auf einem Balzplatz versammelten.

Wie ein Pfau seine Verwandtschaft mit einem Artgenossen herausfindet, ist noch nicht ganz geklärt. Die Forscher nehmen jedoch an, daß sich die Vögel am Aussehen orientieren und mit jenen Vögeln einen Schwarm bilden, die ihnen am ähnlichsten sehen, und daher am ehesten verwandt sind.

Die Wissenschaftler haben tatsächlich auch den dazugehörigen Grund gefunden, warum sogar erfolglose Männchen dazu neigen, sich zusammen mit den erfolgreichen zur Schau zu stellen. Wenn die Männchen auf einem Balzplatz miteinander verwandt sind, stimmen auch größere Teile ihres Erbguts überein. Geht man von der Vorstellung eines "egoistischen Gens" aus, so bedeutet der Erfolg eines Männchens in der Balzarena also in gewissem Sinne den Erfolg aller. Nach der von Richard Dawkins beschriebenen Theorie geht es nicht um die Fortpflanzung einzelner Individuen, sondern um die Weitergabe bestimmten Erbguts, also von Genen. Ein Junggeselle, der neben seinem erfolgreichen Bruder einherstolziert und die Werbungsversuche seines Bruders unterstützt, hilft so bei der Produktion von Neffen und Nichten.

So überwiegen womöglich die Vorteile, einem engen Verwandten eine Partnerin zu verschaffen, gegenüber den trüben Aussichten bezüglich der eigenen Fortpflanzung. Und wie alle unverheirateten Onkels wissen, kann man am Ende eines Ausflugs in den Zoo die entzückenden Neffen und Nichten immer an die Eltern zurückgeben und sich auf eine ruhige Nacht freuen.

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