Eisbeben am Mount Erebus: Ferne Erdbeben lassen das Eis erzittern
Starke Erdbeben können noch in tausenden Kilometern Entfernung an einem Vulkan in der Antarktis kleine »Eisbeben« auslösen. Das fand jetzt ein Team um Chenyu Li vom Georgia Institute of Technology in Atlanta heraus. Ihre Ergebnisse beschreibt die Gruppe jetzt im Fachmagazin »Seismological Research Letters«.
Die eisbedeckten Hänge des Mount Erebus, des südlichsten aktiven Vulkans der Erde, sind mit Hightech-Seismometern gespickt. Chenyu Li und ihre Kollegen untersuchten die Daten, die von diesen Sensoren sowie von einem benachbarten Seismometer zwischen 2000 und 2017 gesammelt wurden. Sie wählten dazu insgesamt 47 weit entfernte Erdbeben aus und betrachteten, wie sich die Seismometerdaten jeweils einen Tag vor und einen Tag nach dem Beben veränderten. Wie sich zeigte, stieg nach sieben starken Beben auch am Mount Erebus die seismische Aktivität an.
Das Forscherteam sieht darin den Beleg, dass die Oberflächenwellen, die von den entfernten Beben ausgehen, zu den schwachen Erschütterungen am antarktischen Vulkan führen. Insbesondere die kurzwelligen so genannten Rayleigh-Wellen dürften bei ihrer Passage die seismische Aktivität auslösen.
Allerdings scheint es sich dabei eher um Beben im Eis zu handeln, das den Berg bedeckt, und nicht um eine Erschütterung des festen Bodens. Eisbeben traten häufiger in den wärmeren Monaten der Antarktis auf, mutmaßlich weil Temperaturschwankungen das spröde Eis schwächen.
Anhand der Eigenschaften der gemessenen Erschütterungen konnten Li und Kollegen ausschließen, dass es sich bei den gemessenen Beben um Reaktionen auf die häufigen, aber leichten Eruptionen des Mount Erebus handelt. Diese würden Eisbeben anderer Art auslösen. Auch umgekehrt fanden die Forscherinnen und Forscher keine Hinweise darauf, dass die fernen Erdbeben die vulkanische Aktivität des Bergs beeinflussen.
Mount Erebus ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: So handelt es sich um einen von weltweit nur fünf Vulkanen mit offen liegendem Lavasee. Zudem ist er der einzige unter diesen fünf, dessen Lava zu einem häufigen Eruptionstyp gehört (dem Stromboli-Typ) und nur hier so gut eingesehen werden kann. In Verbindung mit seiner relativ guten Zugänglichkeit macht ihn dies zu einem begehrten Forschungsobjekt in der Vulkanologie. Das genaue Studium seiner Eruptionen könnte helfen, die Bedingungen zu identifizieren, unter denen Vulkane dieses Typs ausbrechen.
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