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Bedrohter Permafrost: Eisige Reaktion hat verheerende Wirkung

Eis hilft, Metalle aus dem Gestein zu lösen. Besonders wirkungsvoll geschieht das, wenn das Eis wiederholt einfriert und auftaut. Das hat Folgen, unter anderem für Permafrostböden.
Eine Nahaufnahme von gefrorenem Eis auf einer Oberfläche, das komplexe, kristalline Muster bildet. Die Eisstruktur zeigt verschiedene Formen und Texturen, die durchscheinend und schimmernd wirken. Darunter sind dunklere Bereiche sichtbar, die möglicherweise Erde oder Wasser darstellen. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Kälte und natürlicher Schönheit.
Schwanken die Temperaturen um den Gefrierpunkt, taut Eis regelmäßig an und gefriert dann wieder. Für seine Funktion als Reaktionsbeschleuniger optimale Bedingungen.

Eis ist ein guter Katalysator, um Eisen aus Gesteinen zu lösen – es eignet sich sogar besser als flüssiges Wasser. Das legt eine aktuelle Arbeit eines Forschungsteams aus dem schwedischen Umeå nahe. Die Bedingungen, die es dazu braucht, ähneln unter anderem denen in Permafrostböden. Die Erkenntnisse könnten daher erklären, warum Tauwasser in Permafrostregionen massenhaft Eisen aus dem Gestein löst und Flüsse flächendeckend orange färbt.

Das Forschungsteam untersuchte das Mineral Goethit, eine eisenhaltige Verbindung, die in Gesteinen überall auf der Erde weit verbreitet ist. Im Labor stellte das Team Nanopartikel der Verbindung her und suspendierte sie in einer sauren, oxalsäurehaltigen wässrigen Lösung. Diese Mischung ließ das Team gefrieren und analysierte das Eis anschließend.

Dass Eis eine Reaktion beschleunigt, scheint ungewöhnlich zu sein. In der Kälte kommen viele chemische Reaktionen zum Erliegen oder gar nicht erst in Gang. Auch seine feste Kristallstruktur scheint auf den ersten Blick nicht geeignet, um Moleküle zu transportieren und miteinander in Kontakt zu bringen. Doch Wasser gefriert nicht auf einen Schlag zu einem perfekten Klumpen Eis: Zunächst existieren Bereiche mit unterschiedlichen Geometrien nebeneinander. Dazwischen finden sich mikroskopisch kleine Hohlräume, in denen flüssiges Wasser vorliegt. Diese Höhlen können zu Reaktionsräumen werden, wenn im Wasser entsprechende Stoffe gelöst sind.

Als das Forschungsteam seine gefrorenen Proben mittels Raman-Spektroskopie untersuchte, zeigte sich zunächst, dass bis zu Temperaturen um die minus 30 Grad noch flüssige Bereiche im Eis vorlagen. In diesen flüssigen Bereichen sammelten sich die Goethit-Nanopartikel während des Gefrierens an und bildeten kleine Klumpen. Die Oxalationen lösten Eisenionen effektiv aus diesen Klumpen heraus und bildeten gelöste Komplexe – selbst bei minus zehn Grad Celsius löste sich so mehr Metall aus dem Goethit als in flüssigem Wasser bei vier Grad. Noch effizienter lief der Vorgang ab, wenn das Team die Probe nicht kontinuierlich einfror, sondern zwischendurch wieder auftauen ließ. Beim erstmaligen Einfrieren werden einige der Oxalationen in das Eis eingeschlossen, erklären die Autoren in ihrer Veröffentlichung. Beim Wiederauftauen können sie dann wieder freigesetzt werden und an der Reaktion teilnehmen.

Die Versuche der Forscher könnten ein Phänomen erklären, das in den letzten Jahren vermehrt auftritt und noch Rätsel aufgibt: In Permafrostregionen wie etwa in Alaska färben sich Flüsse zunehmend orange und werden sauer, sodass jegliches Leben erstickt wird. Man vermutet, dass Wasser aus dem tauenden Permafrost Eisen aus dem Gestein löst, allerdings ist der genaue Mechanismus noch nicht verstanden. Permafrost, seit Jahrtausenden gefrorener Boden, erstreckt sich über rund ein Viertel der Landgebiete auf der Nordhalbkugel und taut mit der sich erwärmenden Landoberfläche immer öfter auf. Es wird daher immer wichtiger, die Prozesse zu verstehen, die in diesem Milieu stattfinden.

  • Quellen

Sebaaly, A. P. et al., PNAS 10.1073/pnas.2507588122, 2025

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