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News: Eiszeiten aus dem All

Wie eine gigantische Bürste dreht sich die Milchstraße und streift dabei mit ihren Armen regelmäßig das Sonnensystem. Mit jedem Schlag löst sie dabei womöglich eine irdische Eiszeit aus.
Milchstraße
Alles dreht sich, auch das Sonnensystem um das Zentrum der Milchstraße, einer ganz normalen Spiralgalaxie aus rund 200 Milliarden Sternen. Derzeit befindet sich die Sonne - und mit ihr die Planeten - am Rande des Orion-Arms, rund 30 000 Lichtjahre vom Milchstraßen-Zentrum entfernt. Mit einer Geschwindigkeit von rund 220 Kilometern pro Sekunde rasen wir darum herum und werden erst in gut 200 Millionen Jahren erneut die heutige Position erreichen.

Na ja, genau die gleiche Stelle dürften wir kaum je wieder erreichen, denn die Spiralarme sind keine festen und unveränderlichen Strukturen, und auch das Sonnensystem ist nicht fest in ihnen verankert, sondern bewegt sich relativ zu den Armen im Laufe der Zeit durch sie hindurch. Unsere Galaxis wirkt wie ein Rotor, dessen Arme immer wieder das Sonnensystem treffen.

Die Spiralarme sind Ausdruck gigantischer Druckwellen, die durch das ganze Milchstraßensystem laufen. In ihrem Einflussbereich - so vermuten die Astronomen - bilden sich vernehmlich massereiche Sterne, die am Ende ihres Lebens in Supernovae vergehen und ihre Umgebung mit intensiven kosmischen Strahlen eindecken.

Diese gigantischen Sternenexplosionen ereignen sich vornehmlich im zentralen Bereich der Spiralarme, wo die Materiedichte am höchsten ist, und da sich das Sonnensystem auch relativ zu den Spiralarmen bewegt, hat es diese im Laufe seiner Geschichte immer wieder durchkreuzt.

Ergo war das Sonnensystem in den dichten Zentren der Arme regelmäßig der besonders heftigen kosmischen Strahlung von Supernovae ausgesetzt, die ihrerseits Auswirkungen auf das irdische Klima haben mussten.

So jedenfalls die Theorie von Nir Shaviv, der zugleich an der University of Toronto und der Hebrew University in Jerusalem tätig ist. Mithilfe von Computersimulationen bildete er die Wanderung des Sonnensystems durch die Spiralarme ab und stellte fest, dass die kosmische Strahlung bei uns alle 143 Millionen Jahre ein Maximum erreichen müsste - denn immer dann kreuzt das Sonnensystem durch das dichte Zentrum eines Spiralarms.

Wie nah die Theorie an der Wirklichkeit ist, zeigte sich nach dem Studium von 42 Meteoriten, in denen die Verhältnisse der Kalium-41- und Kalium-40-Isotopen Ausdruck der kosmischen Strahlungsintensität sind und jenes Auf und Ab der Strahlung widerspiegeln.

Wirklich beeindruckend wurde die Geschichte jedoch erst, nachdem Shaviv sein Modell mit den geologischen Zeugnissen auf der Erde verglich. Denn dabei zeigte sich eine eindrucksvolle Übereinstimmung mit den irdischen Eiszeiten: Immer wenn sich die Sonne - und also auch die Erde - mitten in einem Spiralarm befand, verstärkte sich die kosmische Strahlung, und auf der Erde brach eine Eiszeit an. Sogar die derzeitige Situation traf Shaviv genau. Dem Modell entsprechend haben wir gerade das Zentrum des Orion-Arms durchkreuzt - und eine größere Eiszeit hinter uns gelassen.

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