Direkt zum Inhalt

News: Elektronen im Quanten-Ring

Elektronen haben eine multiple Persönlichkeit: Mal sind sie Teilchen, mal Welle. Besonders bei sehr kleinen Strukturen im Nanometerbereich bedient man sich des Wellenbildes, denn nur so lassen sich bestimmte Phänomene wie Interferenz und Beugung erklären. Physiker haben nun eine winzige Ringstruktur hergestellt und konnten dort nachweisen, dass die Ladungsträger nur ganz bestimmte Energien einnehmen - ganz ähnlich, wie die Elektronen in einem Atom.
Quanten-Ring
Was machen Elektronen, die auf ihrem Weg durch einen elektrischen Leiter auf eine ringförmigae Stelle treffen? Laut Kirchhoffs Regeln würden sich die Ströme und damit auch die Elektronen auf beide Hälften des Rings gleichmäßig aufteilen und am anderen Ende wieder zusammenfinden und gemeinsam den Weg fortsetzen. Im Quantenland sieht das jedoch anders aus. Misst der Ring nur einige Hundert Nanometer im Durchmesser, so kommt die Wellennatur der Ladungsträger zum tragen.

Das erkannten bereits in den fünfziger Jahren Yakir Aharonov und David Joseph Bohm als sie einen Effekt voraussagten, den Gottfried Möllenstedt wenige Jahre später experimentell nachwies: Die Physiker fanden heraus, dass ein Magnetfeld die Phase einer Elektronenwelle ändert – also sozusagen die Welle ein wenig nach rechts oder links verschiebt. Geschieht dies mit Elektronenwellen, die eine ringförmige Struktur passieren, so kommt es zu Interferenzerscheinungen.

Denn nur wenn der Umfang des Rings einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge der Elektronen entspricht, kann die Welle auf Dauer im Ring existieren und man spricht von einem "quantisierten Energieniveau", ähnlich den seit langem bekannten Energieniveaus der Atome. Derartige Energieniveaus beobachtet man auch an ringförmigen Molekülen wie dem Benzol. Andreas Fuhrer und seine Kollegen von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich schufen nun eine solche künstliche Ringstruktur und untersuchten daran das Energiespektrum der Elektronen.

Der entscheidende Schritt bei diesem Experiment bestand darin, die sehr kleinen, leitenden Ringe herzustellen. Dazu verwendeten die Physiker ein Rasterkraft-Mikroskop (AFM), das normalerweise dazu dient, atomare Strukturen abzubilden. Mit ihm schrieben sie nun wie mit einem Stift nicht-leitende Bereiche in ein Substrat aus Aluminium-Gallium-Arsenid und Gallium-Arsenid. Denn genau zwischen diesen beiden Halbleitermaterialien existiert eine flache, leitfähige Zone, ein so genanntes zweidimensionales Elektronengas.

Indem die Forscher zwischen Spitze des Mikroskops und Oberfläche eine Spannung anlegten, oxidierten sie das Material lokal und erzeugten so die nicht-leitfähigen Bereiche. Übrig blieben ein leitender Ring von etwa 260 Nanometern Durchmesser, zwei elektrische Zuleitungen und sechs Steuerelektroden, mit denen sich der Stromfluss und die Zahl der Elektronen im Ring regeln ließen.

Die Wissenschaftler beobachteten nun den Stromfluss durch den Ring bei kleinen Magnetfeldern von bis zu 300 Millitesla und einer Temperatur von 100 Millikelvin. Dabei konnten sie tatsächlich auch die unterschiedlichen Energieniveaus messen, womit gleichzeitig gezeigt war, dass sich viele Elektronen ähnlich wie wenige verhalten. So zeigten die rund 200 Elektronen genau ein solches Energiespektrum, wie es die Quantentheorie vorhersagt. Bislang maß man bei ähnlichen Experimenten mit vielen Elektronen nur chaotische Bewegungen.

Mit dieser Erkenntnis können in Zukunft vielleicht neue Experimente entwickelt werden, mit deren Hilfe sich die Quantenmechanik solch komplexer Systeme besser untersuchen lässt. Das könnte auch zu neuartigen, winzigen elektronischen Bauelementen führen, denn Gallium-Arsenid ist ein typischer Halbleiter, der auch in Mikrochips zum Einsatz kommt.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.